Fazit zum großen Tauffest am Rhein: Diversität, Gänsehautmomente und Festivalstimmung

„Vielfalt feiern“: 196 Kinder, Jugendliche und Erwachsene haben sich beim großen evangelischen Tauffest auf der Rheinwiese am Tanzbrunnen im August taufen lassen und zusammen mit rund 3.100 Gästen ihre Taufe gefeiert. Miriam Haseleu, Pfarrerin in Köln-Nippes und Initiatorin und Projektleitung des Tauffests am Rhein, und die Pfarrerinnen und Mit-Organisatorinnen Johanna Kalinna und Caroline Schnabel ziehen ein positives Fazit des Tauffests am Rhein:

Frau Haseleu, Frau Kalinna und Frau Schnabel, wie haben Sie das Tauffest erlebt?

Miriam Haseleu.

Miriam Haseleu: Ich habe das Tauffest wie ein Festival erlebt, bei dem alle gemeinsam gefeiert haben. Das Konzept hat gut funktioniert. Für mich war ein wichtiger Faktor, dass alle Gemeinden zusammengearbeitet haben. Alle, die das Tauffest mit vorbereitet haben, hatten ihre Rollle und ihren Part: Man kann sagen – die Zahnräder haben ineinander gegriffen.

Johanna Kalinna: Ich habe hinterher auch gedacht, dass wir es lieber Tauffestival als Tauffest genannt hätten (lacht). Wir haben im Vorhinein viel überlegt, wie es sein wird, wenn mehr als 3.000 Menschen zum Tauffest zusammen kommen. Es war dann eine unfassbare Atmosphäre und eine richtiggehend elektrisierende Stimmung. Die Menschen haben Wimpelketten aufgehängt, ihre Picknickdecken ausgepackt und es standen schöne Weingläser neben veganen Snacks. Ich kann es schwer in Worte fassen, aber das Tauffest wirkt immer noch in mir nach – mit seiner Vielfältigkeit, der Diversität auf der Bühne und vor der Bühne, mit den Menschen in den verschiedensten Lebenssituationen, die sich in den Armen lagen, mit den Kindern, die getanzt haben. In die Gesichter der Menschen beim Tauffest zu sehen, war sehr bewegend.

Caroline Schnabel.

Caroline Schnabel: Ich fand es großartig, weil unsere Idee „Vielfalt feiern“ total aufgegangen ist. Es waren viele Menschen da, für die der Zugang zu Kirche aus den unterschiedlichsten Gründen schwieriger ist. Sie konnten Kirche als offenen Ort erleben. Auf den Fotos strahlen alle, und man sieht lauter fröhliche Menschen – lachende Kinder und Erwachsene. Das war total berührend.

Würden Sie das Tauffest als Erfolg bezeichnen?

Miriam Haseleu: Man kann es als Erfolg bezeichnen, weil mehrere Instanzen miteinander gearbeitet haben und wir die Ziele, die wir hatten, umgesetzt haben. Ich weiß, dass viele, die daran mitgewirkt haben, die Frage ähnlich beantworten würden. Es war ein gelungenes Fest, das wir gemeinschaftlich gefeiert haben. Insofern: Ja, es war ein Erfolg. Und so darf es auch weitergehen: Es darf etwas daraus folgen, es darf wachsen und es darf ganz deutlich werden, wofür wir als evangelische Kirche stehen: Wir sind eine offene Gemeinschaft.

Caroline Schnabel: Bei dem Fest wurden natürlich auch einzelne Entscheidungen gefällt, die man vielleicht auch anders hätte treffen können. Deswegen evaluieren wir auch intern und extern die Veranstaltung im Nachhinein. Wir haben sehr viel gelernt für ähnliche oder andere Veranstaltungen. Das, was wir uns erträumt haben – ein großes, miteinander verbundenes Team mit Verantwortungen über Gemeindegrenzen hinaus – hat genauso stattgefunden. Was wir von daher als Erfolg mitnehmen können: Wir, als evangelische Gemeinschaft in Köln, können so ein Fest auf die Beine stellen und gut zusammen arbeiten!

Johanna Kalinna.

Johanna Kalinna: Ein Fest dieser Größenordnung mit der Überschrift „Diversität“, bei dem fast 200 Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit mehr als 3.000 Gästen getauft wurden – das hat nur funktioniert, weil viele Menschen für das Konzept eingestanden sind. Wir haben die Menschen angesprochen.
  
Miriam Haseleu: Dass wir die Organisation und Vorbereitung in einem großen Team gemacht haben, fand ich sehr besonders. Es wäre schön, so öfter zu arbeiten.

Wünschen Sie sich mehr Diversität in der Kirche?

Johanna Kalinna: Ich wünsche mir, nicht nur beim Tauffest Vielfalt abzubilden – Menschen mit Migrationshintergrund, eine sexuelle Vielfalt, Vielfalt der Milieus und des sozialen und finanziellen Status – sondern generell zu überlegen, wie können wir Kirche vielfältiger gestalten? Wo können wir kritisch hinschauen? Wer hat in der Organisation Kirche eine Stimme? Wer taucht dort wo auf? Wie gelangen wir auf allen Ebenen zu mehr Diversität?

Caroline Schnabel: Ich finde es ganz wichtig, dass sich Kinder mit den unterschiedlichsten Hintergründen in Kirche wiedererkennen können.

Miriam Haseleu: Für mich ist es auch wichtig, dass Diversität positiv besetzt ist. Auf der Bühne des Tauffests sind alle Lebensweisen und sexuellen Orientierungen usw. aufgetaucht und konnten so die gesellschaftliche Realität ein bisschen abbilden. Man kann sich hierbei natürlich auch fragen: Welche Zuschreibungen nutzen wir für wen? Können wir das aufbrechen? Vielleicht fängt wahre Diversität dann an, wenn wir die ganzen Zuschreibungen und damit auch Schubladen nicht mehr brauchen… Aber wir haben noch einen Weg vor uns, so dass wir vorerst Zuschreibungen benötigen. Ich möchte Vielfalt positiv stärken und ich denke, an der Stelle ist uns ein wichtiger Schritt gelungen.

Woran haben Sie das beim Tauffest festgemacht?

Miriam Haseleu: Vielleicht nur ein kleines Beispiel: Dass Gebärdensprache als eigene Sprache durchgängig auf der Bühne sichtbar war, und ganz selbstverständlich auch zur Musik gebärdet wurde.

Was haben Sie für Rückmeldungen von den Teilnehmenden bekommen?

Johanna Kalinna: Wir befinden uns derzeit noch in der Auswertungsumfrage. Ich denke beispielsweise gerne an meine Begegnung mit einem Taufvater, so Anfang 30, zurück, der gar nicht wusste, dass ich das Fest mitorganisiert habe, weil ich gerade am Aufräumen war. Er hat von der Atmosphäre geschwärmt und war total begeistert. Süß war auch das WDR5-Interview mit einem kleinen Jungen, der sagte: „An irgendwas muss man ja glauben, und das hier ist eine ziemlich gute Sache, an die man glauben kann!“

Caroline Schnabel: Viele haben gesagt, dass es sehr berührend war. Ich habe in den Gesichtern ganz viel Begeisterung wahrgenommen. Es war super heiß, trotzdem haben alle gestrahlt und waren super fröhlich.

Miriam Haseleu: Ich bekomme immer noch eine Gänsehaut, wenn ich daran zurück denke, wie ich über den Platz gelaufen bin. Die Band war super, alle haben getanzt, es war eine leichte und fröhliche Ansprache, und die Stimmung backstage war auch toll. Die Lieblingsfotos der Menschen waren übrigens die Flaschen mit dem Rheinwasser (lacht). Ich bin froh, dass die Veranstaltung in der Form möglich war – mit den vorherigen Workshops, den Kontakten zu den Tauffamilien und der gesamten Projektstruktur.

Text: Frauke Komander
Foto(s): APK

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