Pfarrer-Georg-Fritze-Gedächtnisgabe
Pfarrer Georg Fritze (1874-1939)
Seit 1981 zeichnet der Kirchenkreis Köln-Mitte Menschen und Institutionen mit der „Pfarrer-Georg-Fritze-Gedächtnisgabe“ aus, die sich in besonderer Weise für Opfer von Diktatur, Gewalt und Menschenrechtsverletzungen einsetzen oder selbst Opfer von Gewalt sind.
Pfarrer Georg Fritze (1874–1939)
„Der rote Pfarrer von Köln“
– so wurde er genannt, nachdem er im Jahr 1919 einen Vortrag über „Kirche und Sozialdemokratie“ im Kölner Gürzenich gehalten hatte mit der Absicht, eine Brücke zwischen den eher gegensätzlichen Polen Arbeiterbewegung und Kirche zu schlagen. Georg Fritze, geboren am 1. August 1874 in Magdeburg, war Mitglied beim Bund religiöser Sozialisten und der SPD – und außerdem war er Pfarrer. Unvereinbar für viele seiner Zeitgenossen, für Georg Fritze jedoch Programm.
Schon früh hatte sich Fritze gegen die Ausbeutung und politische Unterdrückung der Arbeiterschaft eingesetzt, sicher geprägt durch seine Tätigkeit in der südbelgischen Industriestadt Charleroi, wo er ab 1889 als Hilfsprediger der Belgischen Missionskirche tätig war. Von Belgien über das sächsische Nordhausen gelangte Georg Fritze schließlich nach Köln. Dort trat er 1916 das Pfarramt an der Trinitatiskirche an und wurde dann Pfarrer an der Kartäuserkirche – der erste übrigens.
„Gott hat sein Volk in allen Parteien“
Georg Fritze war Pazifist: Noch vor dem Ersten Weltkrieg suchte er im allgemeinen Wettrüsten Wege der Verständigung. Außerdem setzte er sich für die Ordination von Frauen ein, was damals recht ungewöhnlich war. In der Zeit der Weimarer Republik engagierte sich der Pfarrer für die Freiheit der Kirche gegenüber dem Staat, außerdem für Demokratie und Parteienvielfalt. Er trat ein für die Vereinbarkeit von sozialer Gesetzgebung mit den Grundsätzen des Evangeliums und war Mitbegründer des „Bundes religiöser Sozialisten Köln“.
Gegenüber dem Nationalsozialismus bezog Fritze schnell eine ausgesprochen kritische Haltung. 1930 warnte er in den „Kartäuser Pfarrblättern“ vor dem „faschistischen Ideal, weil es das kapitalistische Wirtschaftssystem nicht bekämpft, weil es in unerträglicher Weise Denk- und Meinungsfreiheit knebelt, weil es die brutale Gewalt und den Rassenhass sanktioniert.“ Kein Wunder, dass der wortgewaltige Pfarrer den Nationalsozialisten ein Dorn im Auge war. Und da das Presbyterium der Evangelischen Gemeinde Köln seit 1933 von Vertretern der faschistischen Kirchenpartei der „Deutschen Christen“ dominiert wurde und die oppositionelle „Bekennende Kirche“, der auch Fritze angehörte, zunehmend an Bedeutung verlor, geriet der Pfarrer der Kartäuserkirche rasch in die Isolation. Schon im Februar 1933 verlangte Gottfried Krummacher, Landesleiter der „Deutschen Christen“ im Rheinland, „die sofortige fristlose und pensionslose Amtsentlassung des Pfarrers Fritze“.
„Die Aufgabe der Kirche ist nicht das Dritte Reich, sondern das letzte Reich, das Reich Gottes!“
Mit diesen Worten hatte Fritze bereits 1931 Stellung bezogen. Statt sich nun aber von dem immer weiter um sich greifenden Faschismus in die Enge treiben zu lassen, leistete der mutige Pfarrer umso hartnäckiger öffentlichen Widerstand. Er verurteilte das Schweigen der Evangelischen Kirche zur Judenfrage, kritisierte die auch vom Kölner Presbyterium beschlossene „Eingliederung der evangelischen Jugend in die Hitlerjugend“ und verweigerte schließlich den Treueid auf Hitler, den der Evangelischen Oberkirchenrat in Berlin allen Pfarrern der preußischen Landeskirche abverlangte. Diese Weigerung bot den passenden Vorwand, am 17. Oktober 1938 Pfarrer Georg Fritze seines Amtes zu entheben – auf Betreiben des Presbyteriums der Evangelischen Kirchengemeinde Köln. Bald darauf, am 3. Januar 1939, starb er an den Folgen eines Gehirnschlags und wurde auf dem Kölner Südfriedhof beigesetzt.
Das Schicksal des „roten Pfarrers“ wurde jahrzehntelang in geradezu beschämender Weise verschwiegen. Erst in den Siebzigerjahren begann die Aufarbeitung. Endlich, am 28. November 1980, wurde Fritze durch einen Beschluss des Presbyteriums der Evangelischen Gemeinde Köln offiziell rehabilitiert.
Wer heute den Innenhof der Kartäuserkirche betritt, findet dort eine Gedenkplatte aus dem Jahr 1981 vor, die an Georg Fritze erinnert. Seine Skulptur schmückt seit 1992 den Rathausturm in der Kölner Altstadt. Seit wiederum 1981 wird zunächst jährlich, seit 2003 alle zwei Jahre die „Pfarrer-Georg-Fritze-Gedächtnisgabe“durch Beschluss der Kreissynode vergeben.
Richtlinien Georg Fritze Gedächtnisgabe
Preisträger der Pfarrer-Georg-Fritze-Gedächtnisgabe
1981 | DM 2.500 Druckkosten zur Veröffentlichung eines Buches über Pfarrer Georg Fritze DM 2.500 Amnesty International (aus Anlaß ihres 20-jährigen Bestehens) |
1982 | Fonds Shatila/Beirut (Für Opfer des Überfalls auf ein palästinensisches Lager) |
1983 | Regierungsschuldirektor i.R. Ernst Simons, Köln (Opfer des 3. Reichs) |
1984 | Dr. Allan Boesak, Bellville, Rep. of South Africa (für seinen Widerstand gegen die Apartheits-Politik) |
1985 | Trümmerfrauen von 1945 (als Leidtragende des Krieges) |
1986 | Armenische Gemeinde in Köln (für die Betreuung von Asylbewerbern) |
1987 | Grupo de Apoyo Mutuo (für Mütter der Verschwundenen in Guatemala) |
1988 | Philippinischer Kirchenrat C. Bautista (Für seine Menschenrechtsarbeit) |
1989 | Charlotte Petersen, Dillenburg (für die Betreuung der Wapniarka-Opfer) |
1990 | Medico International Stichwort: Kurdistan |
1991 | Pro Asyl (Pfarrer Leuninger) |
1992 | „COMAFAC“ (Christliches Komitee der Mütter und Familienangehörigen von Ermordeten, „Verschwundenen“ und Politischen Gefangenen in El Salvador) |
1993 | INLIA und an den Kirchenkreis Kaohsiung der Presbyterianischen Kirche in Taiwan (PCT) |
1994 | Neve Shalom/ Wahat al-Salam/ Oase des Friedens (für die Arbeit und den Einsatz für die Verständigung zwischen Juden und Palästinensern) |
1995 | Zena BiH (Selbsthilfegruppe für vergewaltigte Frauen und Mädchen in Bosnien) |
1996 | INAL (Cooperacion Inter-Alternative) in Misiones/Argentinien |
1997 | Förderverein „Kölner Flüchtlingsrat“ |
1998 | CINEP (Centro de Investigatión y Education Popular) (Menschenrechtsgruppe in Kolumbien) |
1999 | Medica mondiale e.V. Hilfe für kriegstraumatisierte Frauen und Mädchen aus dem Kososvo |
2000 | Mizwa – Zeit zu handeln e.V. |
2001 | „Rabbis for Human Rights“ (Rabbiner für Menschenrechte) |
2003 | (I)ntact – Internationale Aktion gegen die Beschneidung von Mädchen und Frauen e.V. |
2005 | Aktion Sühnezeichen Friedensdienste ASF |
2007 | „Aktion Zivilcourage e.V.“ Pirna |
2009 | Menschenrechtsorganisation „Corporacion Juridica Libertad“, Kolumbien |
2011 | „Eglise Evangélique au Maroc“ (EEAM) |
2013 | Dogan Akhanli |
2015 | Pfarrer i.R. Chu Yiu-Ming, Menschenrechtsaktivist in Hong Kong |
2017 | „Visitación Padilla“, Honduranische Menschen- und Frauenrechtsorganisation |
2019
2021 2023 |
Wolfgang Rall, Religionslehrer aus Angermünde und Dr. Alganesh Fessaha
Pfarrerin Mathilde Sabbagh aus Hassakeh, Syrien Ökumenisches Netzwerk Asyl in der Kirche NRW e.V. |