Die Ökumene prägte sein Leben: Symposium im Citykirchenzentrum thematisiert das Wirken Philip Potters
Am 19. August wäre Philip Potter 100 Jahre alt geworden. In Erinnerung an den früheren Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), dem er von 1972-1984 voranstand, lud die Melanchthon-Akademie in Kooperation mit der Evangelischen Gemeinde Köln und dem Rheinischen Dienst für Internationale Ökumene (RIO) zu einem Symposium mit Impulsen und Eindrücken in das Citykirchenzentrum im AntoniterQuartier ein.
Pfarrer Mathias Bonhoeffer von der evangelischen Gemeinde freute sich, dass sich unter den Anwesenden im Saal auch Potters zweite Ehefrau Bärbel Wartenberg-Potter, Oberkirchenrätin Barbara Rudolph und Susanne Beuth, Superintendentin im evangelischen Kirchenkreis Köln-Mitte, eingefunden hatten. „Ich hatte ehrlich gesagt mit weniger Menschen auf dieser Gedenkveranstaltung gerechnet, umso schöner, dass es so viele geworden sind“, zeigte sich Bonhoeffer positiv überrascht.
Als Aperitif zu den anschließenden Beiträgen des ehemaligen ÖRK-Stabsmitglieds Prof. Dr. Gert Rüppell und RIO-Pfarrer Helmut Müller erinnerte Rudolph in einer kurzen Ansprache an die prägende Persönlichkeit der ökumenischen Bewegung: „Philip Potters Programm zur Bekämpfung des Rassismus war für mich der Türöffner zur Ökumene und der Bedeutung des ÖRK. Daher ist es richtig, dass wir heute auf sein Leben, auch angesichts der ÖRK-Weltversammlung in Karlsruhe im kommenden Jahr, und sein Wirken zurückblicken.“
Führungsfigur mit integrativen Fähigkeiten
In seinem Vortrag „Ökumenischer Wandel – neue Impulse“ reflektierte Prof. Rüppell die Bedeutung Potters für die Ökumenische Bewegung und zeichnete dabei relevante Stationen seines Lebens nach. Aufgewachsen zwischen der katholischen Gemeinde seines Vaters und der methodistischen Gemeinde seiner Mutter auf der Karibik-Insel Dominica war er ein Kind der Epoche einschneidender Veränderungen, in der erste Formen der Unabhängigkeitsbewegungen und ein Wandel des westlichen Missionsverständnisses stattfanden. „Potters biografische Prägung durch interkonfessionelles Christentum, multikulturellen Kontext und einer karibisch-afrikanisch wie englisch bestimmten Familiengeschichte machten ihn zu einer interkulturell geprägten Führungsfigur mit hohen integrativen Fähigkeiten“, führte Rüppell aus.
Menschliche Einheit im unteilbaren Christus
Fast scheint es so, als hätte das Schicksal für Potter nur einen Lebensweg vorgesehen gehabt. Nach einem Theologie-Studium, internationalen Begegnungen und Tätigkeiten in der Methodistischen Kirche in Großbritannien sowie als Pfarrer der Armen auf Haiti führte ihn sein Weg in die internationale Ökumene. Nach einer siebenjährigen Mitarbeit in der ÖRK-Jugendabteilung, einer Tätigkeit als Referent in der Methodistischen Missionsgesellschaft sowie als Direktor der Abteilung für Weltmission und Evangelisation wurde er 1972 als „Vertreter des Südens“ schließlich vom ÖRK-Zentralausschuss einstimmig zum neuen Generalsekretär gewählt. „Er war der erste ´farbige´ Generalsekretär nach dem Niederländer Willem A. Visser´t Hooft und dem US-Amerikaner Eugene Carson Blake. Seine Wahl galt daher nicht nur weltweit als Symbol für die nun erreichte Gleichberechtigung der Kirchen der ´Dritten Welt´ gegenüber Europa und Nordamerika, sondern drückte zugleich die enorme Hoffnung auf eine umfassende innere Erneuerung der Ökumene aus“, bewertete Historikerin Katharina Kunter in ihrem Essay „Ende der Weltmission“ den Gipfelpunkt der Potterschen Karriere.
Während seiner zwölfjährigen Amtszeit als Generalsekretär verfolgte Philip Potter mit Vehemenz die Themen weiter, die sein Leben generell bestimmten. So prangerte er den Sexismus als Diskriminierung und Unterdrückung der Frau an und stellte ihn dem Rassismus gleich, den er selbst erlebte und dessen Bekämpfung zu seiner elementaren Lebensaufgabe wurde. Zudem gab es kaum einen Vortrag, in dem er nicht die christliche Einheit thematisierte. Nach seiner Auffassung sei die menschliche Einheit im unteilbaren Christus gegeben, und die weltweite eucharistische Gemeinschaft aller Familienmitglieder Gottes verfolge dieses Geeintsein auf Christus hin als Ziel.
Auch nach seiner Zeit als Generalsekretär war Potter von der praktischen Missiologie getrieben, wie Gert Rüppell festhielt. „Wenn er Freunde einlud, um mit ihnen die Lage der Welt zu erörtern, ging es oft erst zu einem Glas Port. In dieser entspannten Atmosphäre wurde dann über den Ernst der weltlichen Lage diskutiert.“
Steter Einsatz für ein friedliches Miteinander
Pfarrer Helmut Müller setzte in seinem Vortrag „Das weiße Besitzmonopol zerbrechen“ den Fokus auf Philip Potters beständigen Kampf gegen Rassismus und der Unterdrückung von Menschen of Color. „Er erlebte sublime Formen rassistischen Verhaltens, die er abstoßend empfand. Dazu gehörten herablassende Nachsicht, paternalistische Belehrung und insbesondere verletzende Arroganz.“ Den Ansatz der vierten ÖRK-Vollversammlung in Uppsala 1968, der festhielt, dass „weißer Rassismus“ eine offensichtliche Leugnung des christlichen Glaubens sei, habe Philip Potter während seiner Amtszeit konsequent fortgeführt. „Er betonte immer wieder, dass die Zeit gekommen sei, Worten nun konkrete Taten folgen zu lassen. Dabei war ihm die Reflexion der eigenen Perspektive sehr wichtig. Und so deutlich er die ´Kirche des Nordens´ herausforderte, so warnte er auch die Kirchen des Südens, da er bei ihnen eine Neigung zu Selbstgerechtigkeit und Gegenanklage ohne Liebe wahrnahm“, hob Müller hervor. Potter sehnte sich nach einer Erde, auf der alle Menschen füreinander offen seien und sie trotz ihrer Unterschiede in Frieden miteinander leben können.
Nach dem Ende seiner Dienstzeit im ÖRK zog Potter mit seiner zweiten Frau Bärbel Wartenberg, die er 1985 heiratete, nach Jamaika, wo sie gemeinsam an einer Hochschule unterrichteten. Ab 1990 folgte Philip Potter den Berufungen seiner Frau nach Deutschland, die im Jahr 2000 schließlich Bischöfin der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche wurde. Am 31. März 2015 stirbt Philip Potter in Lübeck im Alter von 93 Jahren.
Philip Potters Erbe
Pfarrer Helmut Müller erinnerte an die Worte, die Oberkirchenrätin Barbara Rudolph anlässlich seines Todes anerkennend wählte. „Für die evangelische Kirche im Rheinland war die direkte und provozierende Vorgehensweise der ökumenischen Führungspersönlichkeit Philip Potters eine große und hilfreiche Herausforderung, sich dem Rassismus und der Ungerechtigkeit zu stellen. Frau Rudolph räumt jedoch ein, dass es der Kirchenleitung und der Landessynode nicht immer leicht gefallen sei, die eigene Verstrickung in potentielle Ungerechtigkeiten wahrzunehmen. Es habe Basisgruppen und ökumenisch engagierte Gemeinden gebraucht, die das Thema auf die Tagesordnung setzten.“
Es ist Potters Erbe, dass das Thema Rassismus (wie auch Sexismus) in den Programmen des ÖRK als Querschnittsthema stets mitgedacht wird, auch wenn es auf der ÖRK-Weltversammlung 2022 kein separates Podium erhalten wird. Im Bereich der EKIR werden hingegen Anti-Rassismus-Trainings angeboten und mit unter Rassismus leidenden Menschen gemeinsam „Wege der Befreiung“ gesucht.
Text: Holger Hoeck/APK
Foto(s): Holger Hoeck/APK
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