Architektur als „Lebensmittel“: Zwei „evangelische“ Projekte waren erfolgreich beim Kölner Architekturpreis 2024

„Gute Architektur ist lebenswichtig!“, erklärte Thomas Waldschmidt, Vorstandsmitglied des Kölnischen Kunstvereins, in seinem kurzen Begrüßungsstatement und der „Hausherr“ stieß dabei vermutlich auf wenig Widerspruch bei den zahlreichen Gästen, die sich im Riphahn-Saal zur Verleihung des Kölner Architekturpreises 2024 eingefunden hatten. Und als die Preisverleihung auf dem Programm stand, durften sich gleich zwei Mitgliedsgemeinden des Kirchenverbandes Köln und Region freuen.

Seniorenwohnanlage „Horionstraße“ in Sinnersdorf mit „individuellen Lösungen“

Zunächst wurde die Seniorenwohnanlage „Horionstraße“ in Sinnersdorf (Zeller Kölmel Architekten, Bauherrin: Evangelische Kirchengemeinde Pulheim) mit einer Anerkennung bedacht. Die Jury lobte die „individuellen Lösungen“ für Senior*innen. Zudem passe sich der Neubau gut in die Umgebung ein. „Wir wünschen uns noch mehr solcher Ideen!“, lautete das begeisterte Fazit.

Erlöserkirchenzentrum sei „imposant“ und ein „lebendiges Zentrum“

Über eine Auszeichnung freuten sich, stellvertretend für die Evangelische Kirchengemeinde Köln-Mauenheim-Weidenpesch, Pfarrerin Susanne Zimmermann und Superintendent Markus Zimmermann. Das Erlöserkirchenzentrum (Harris + Kurrle Architekten), so die Jury, sei „imposant“, weise aber dennoch eine „klare Gliederung“ auf. Es sei ein „lebendiges Zentrum“ entstanden.

Auszeichnung wird seit 1967 alle drei bis vier Jahre vergeben

Ebenfalls ausgezeichnet wurden die Erweiterung der Kaiserin-Augusta-Schule (ZILA Architekt*innen), das Historische Archiv der Stadt Köln und das Rheinische Bildarchiv (Waechter + Waechter Architekten BDA), der Umbau einer 82 m² großen Wohnung in einer Großstruktur der 70er Jahre mittels Schiebeelementen (Demo Working Group) sowie die Offene Schule Köln (Hausmann Architektur GmbH) in Rodenkirchen.

Die Auszeichnung wird seit 1967 alle drei bis vier Jahre „für herausragende baukünstlerische Leistungen“ vergeben – und zwar nicht nur an die Planenden, sondern auch an die Auftraggebenden. Berücksichtigt werden nur realisierte Projekte aus dem Bereich der Kölner Sektion des BDA (Bund Deutscher Architektinnen und Architekten). Die Gewinner sind automatisch für den Landespreis qualifiziert.

63 Arbeiten von 49 Teilnehmenden

In diesem Jahr wurden bis zum 25. Januar 63 Arbeiten von 49 Teilnehmenden eingereicht, gab Björn Severin (Vorstand BDA Köln) zu Protokoll. Dann hatte die fünfköpfige Jury die schwierige Aufgabe, zunächst eine Vorauswahl zu treffen und sich während eines zweitägigen Treffens mit „Ortsterminen“ Ende Februar auf die preiswürdigen Bauwerke zu einigen. Mit der Journalistin und Architekturkritikerin Jeannette Kunsmann und Isabel Apiarius-Hanstein (Kunsthaus Lempertz) gehörten der Jury auch je eine Person aus dem publizistischen Bereich und eine Person aus dem „öffentlichen Leben“ in Köln an.

NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach betonte in ihrem Grußwort die vielfältigen Aufgabenstellungen, vor denen Architekten sich heute gestellt sähen. Von ihnen würde stets so etwas wie die „eierlegende Wollmilchsau“ erwartet: Die Gebäude sollten modern, nachhaltig, energieeffizient, barrierefrei, bezahlbar – und natürlich auch noch schön sein. Scharrenbach lobte die Investitionsbereitschaft der Bauherren in nicht ganz einfachen Zeiten. Architektur beschränke sich momentan „auf das Wesentliche“ konstatierte die Ministerin und ließ die Hoffnung erkennen, dass sich der vernunftdiktierte Trend zu Reduktion und gestalterischer Askese wieder umkehren könnte.

„So sollte Kirche heute funktionieren“

In seinem auf Englisch gehaltenen Abschlussstatement zeigte sich Leo van Broeck, Mitglied des Gestaltungsbeirats der Stadt Köln, beeindruckt von den ausgezeichneten Projekten und den Leistungen der beteiligten Architekt*innen. Zum Erlöserkirchenzentrum bemerkte er: „This is like church should work today!“ (So sollte Kirche heute funktionieren.) Auch Broeck ging auf die aktuellen Herausforderungen für Architekten ein, die allerdings immer auch von den präzisen, intelligenten Fragestellungen der Auftraggebenden abhängig seien: „A good architect can never give a good answer if the question is not good.“ (Ein guter Architekt kann niemals eine gute Antwort geben, wenn die Frage nicht gut ist.)

Der Landverbrauch sei für 50 Prozent des Artenverlustes verantwortlich und sei somit schädlicher als CO2-Emissionen. Am Beispiel seiner Heimat Flandern erklärte Broeck, dass bei der Beurteilung der Energiebilanz eines Hauses auch dessen Lage eine Rolle spiele: Ein „Energiesparhaus“ verbrauche, wenn es im „Niemandsland“ liege, durch die Transportkosten so viel Energie wie ein „normales“ Haus. Broeck plädierte für eine Zentralisierung der Besiedlung und die Schaffung „neuer urbaner Landschaften“ (new urban landscapes). Recycling solle auch im Bauwesen zur Gewohnheit werden: „We should not be afraid to recycle our heritage!“ (Wir sollten keine Angst davor haben, unser Erbe wiederzuverwerten.)

„Don´t fight change!“ (Bekämpft den Wandel nicht!) rief er den versammelten Bauherr*innen und Architekt*innen zu und formulierte eine (in Architekt*innen-Ohren) wohl eher unbequeme Wahrheit: „Nothing is stable.“ (Nichts ist beständig.) Mit Blick auf die ökologische Verantwortung der Bauwirtschaft forderte Broeck „less publications and more actions“ (weniger Publikationen und mehr Taten).

Während des anschließenden Empfangs konnten die Gäste in einer Fotoausstellung bis gestern die ausgezeichneten Projekte noch einmal in Augenschein nehmen. Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen. Außerdem sind alle Preisträger unter https://www.koelnerarchitekturpreis.de/archiv/koelner-architekturpreis-2024/ zu finden.

Text: Priska Mielke
Foto(s): Priska Mielke, Roland Halbe, Jens Willebrand

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