175 Jahre Christlicher Verein Junger Menschen in Köln: Bustour zum Jubiläum
Stadtsuperintendent Bernhard Seiger sprach über sich und meinte das große Ganze: „Als ich 15 war, bin ich Mitglied im CVJM geworden, in Schildgen, dem berühmten Ort bei Altenberg. Dort habe ich Freude am Sport gefunden. Warum? Weil es beim CVJM um Gemeinschaft ging und heute immer noch geht, weil die Freude an der Bewegung im Vordergrund stand. Und es ging um Fairness und Respekt. Ich war in der Schule nicht gut im Sport. Aber das hat sich beim CVJM anders angefühlt, bei Euch. Weil jeder mitmachen darf, auch einer, der schwächer ist.“
Bernhard Seiger sprach im Gottesdienst in der Antoniterkirche zum 175-jährigen Bestehen des CVJM in Köln. Er nahm Bezug auf das Logo des Vereins, das rote Dreieck. „Für mich steht es immer noch für das, was uns ausmacht: Körper, Seele und Geist“, sagte er.
„Ich danke dir, Gott, dass ich wunderbar gemacht bin“, zitierte der Stadtsuperintendent Psalm 139. „Dazu gehört unser Leib, unser Körper, alles, wozu er fähig ist: Bewegung, Singen, Zuneigung und Anpacken. Dazu gehört unser Geist, unser Denken und Planen. Und dazu gehört seine Seele, in der wir mit Gott verbunden sind.“ Die Mitte sei, Körper, Seele und Geist zusammenzuhalten und die Nähe Gottes zu suchen: „Deshalb feiern wir heute!“
Bustour zu für die Geschichte des CVJM wichtigen Orten in Köln
Rückblende. Was für ein Gründungstag: Ausgerechnet am Elften im Elften gründete sich im Jahre 1849 der „Erste evangelische Männer- und Jünglingsverein Kölns“. Heute, 175 Jahre später, feiert der daraus hervorgegangene Christliche Verein junger Menschen (CVJM) ein stolzes Gründungsjubiläum. Gefeiert wurde das bei einer Bustour zu für die Geschichte des CVJM wichtigen Orten in Köln. Zum Schluss der Tour warf Stadtführer Günter Leitner einen Blick in das Gründungsjahr. Er erinnerte an das Revolutionsjahr 1848 mit den März-Unruhen in Berlin. Auch in Köln seien 10.00 Arbeiter zum Dom gezogen, um für politische Teilhabe zu demonstrieren. Dieses Vorhaben wurde insbesondere vom preußischen König Wilhelm IV. niedergeschlagen. „Aber die Jugend und die Arbeiter waren mit den Ideen der Frankfurter Paulskirche in Berührung gekommen und mussten nun irgendwie befriedet werden“, erklärte Leitner.
In jener Zeit entstand auch die Kolping-Bewegung, die sich um Wanderarbeiter kümmerte, die zu Beginn der industriellen Revolution wegen Arbeitsmangel vom Land in die Städte zogen. Karl Marx gab 1849 die Neue Rheinische Zeitung heraus. Der Kölner Arbeiterverein nahm seine Arbeit auf. In der Stadt grassierte eine Cholera-Epidemie, der Tausende zum Opfer fielen. Unter anderem der „Armenarzt“ Dr. Andreas Gottschalk. 8000 Menschen erschienen zu seiner Beerdigung auf Melaten. Der Jünglingsverein Köln war sehr betriebsam. Das Vereinslokal befand sich an der Antonstraße 6. Sonntags hielt man dort Bibelstunde. Unter der Woche standen Schreiben, Lesen und Rechnen auf dem Lehrplan. Später auch Erdkunde, Englisch und Buchführung, wie Leitner erzählte.
Mitglieder aus allen christlichen Konfessionen
Das ist lange her. Heute ist der CVJM ein Verein, der Mitglieder aus allen christlichen Konfessionen hat. Bibelstunden gibt es weiterhin. Aber noch viel mehr: „Neben der Verkündigung der biblischen Botschaft bietet der CVJM deshalb seinen Mitgliedern die Möglichkeit zu Sport, Erholung, Geselligkeit und Information, zu Reisen und Gesprächen“, heißt es in der Selbstbeschreibung. Studenten leben im Wohnheim des CVJM am Hansaring.
Sport war immer wichtig. „Der CVJM hat Basketball und Volleyball erfunden“, überraschte Hansjörg Kopp, Generalsekretär des CVJM Deutschlands, der zur Feier des Tages nach Köln gekommen war. Kopp hatte sich wie zahlreiche andere im Domizil des CVJM am Hansaring zum Start der Bustour eingefunden. Gerd Schmellenkamp begrüßte die Gäste und erinnerte an die Standorte Boltensternstraße und Macchabäerstraße, die Vorläufer des Hansarings. Viel Arbeit hatte der CVJM während der englischen Besetzung des Rheinlands nach dem Ersten Weltkrieg. „Wir haben damals täglich Programm gemacht für 2000 britische Soldaten. Gottesdienst und Unterhaltung“, berichtete Schmellenkamp. Freundschaften mit Deutschen seien damals nicht entstanden. Das hätten die englischen Generäle untersagt. Heute ist der CVJM ausdrücklich völkerverbindend unterwegs.
CVJM hat sich nicht gleichschalten lassen
Unter den Nazis sei der Verein gleichgeschaltet worden. 1934 gab es einen sogenannten Eingliederungsgottesdienst in der Christuskirche im Belgischen Viertel. Die evangelischen Eltern seien intensiv ermahnt worden, ihre Kinder zur Teilnahme zu schicken. Nichtteilnahme sei Befehlsverweigerung. „Viele Jugendliche marschierten damals mit Fahnen und Hitlergruß in die Kirche“, erzählte Schmellenkamp. Letztlich habe sich der CVJM aber nicht gleichschalten lassen. Nach dem Zweiten Weltkrieg habe man neu angefangen und internationale Freundschaften geknüpft. Etwa über die deutsch-polnischen und deutsch-französischen Jugendwerke.
„Würde, Vielfalt, Gerechtigkeit“
Drei Worte prägen laut Generalsekretär Kopp den CVJM: „Würde, Vielfalt, Gerechtigkeit.“ Und weiter: „Wir sind eine geistliche Gemeinschaft, die sich von Gott geliebt weiß. Unser Auftrag ist es, die Demokratie zu erhalten. In Vielfalt zu leben. Den fairen Umgang miteinander zu gewährleisten. Für uns beim CVJM ist die Würde des Menschen kein Modebegriff. Wir treten dafür ein und fallen, wenn nötig, dem Rad in die Speichen.“ Während Köln sich als widerständig gegenüber dem rechten Zeitgeist erwiesen habe, schwankten die CVJM-Leute in Sachsen zwischen Wut und Verzweiflung, sagte Kopp im Basement, einem Keller neben der Christuskirche, in dem in früheren Jahren legendäre CVJM-Feste stattgefunden haben. Der Generalsekretär kritisierte, dass Jugendliche mit unterschiedlichen politischen Positionen nicht mehr miteinander ins Gespräch kämen. „Wir leisten bei uns Demokratieschulung. Der CVJM ist ein Ort mit einem politischen Auftrag.“
Erfolge des CVJM im Sport
Vom Basement ging die Tour weiter zu einem Sportplatz im Äußeren Grüngürtel. Dort erinnerte Schmellenkamp an Erfolge des CVJM im Sport. Hochklassig waren lange Zeit die Basketballer. „Sie spielten in einer Klasse, die man heute 2. Bundesliga nennen würde.“ Weil der organisatorische und finanzielle Aufwand zu groß wurde, haben Sponsoren das Team übernommen. So entstand der BSC Saturn Köln, der in der 1. Bundesliga spielte, allerdings mit anderen Akteuren.
Gottesdienst und Bustour waren nicht die einzigen Programmpunkte: Die Mitglieder trafen sich auch zum Grill & Chill am CVJM-Haus. Das war auch Ort für ein Ehemaligentreffen, bei dem man sich an die frühere CVJM-Arbeit erinnerte und die heutigen Aktivitäten vorstellte.
Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann/Stapper
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