Abschied einer „Unerschrockenen“: Pfarrerin Ulrike Gebhardt von Superintendentin Susanne Beuth entpflichtet

Wer bei seiner Verabschiedung Standing Ovations bekommt, hat in seiner Amtszeit als Pfarrerin vermutlich einiges richtig gemacht. Die Evangelische Kirchengemeinde Lindenthal hatte „ihre“ Pfarrerin Ulrike Gebhardt jedenfalls seit deren Einführung 1993 spürbar ins Herz geschlossen. Dabei sorgte die beliebte Seelsorgerin selbst dafür, dass der Gottesdienst zu ihrer Entpflichtung in der Paul-Gerhardt-Kirche keine traurige, sondern eine Mut machende und in die Zukunft gerichtete Veranstaltung wurde. Musikalisch gestaltet wurde er von der Paul-Gerhardt-Kantorei.

Superintendentin Susanne Beuth (l.) nahm die Entpflichtung von Ulrike Gebhardt vor.
Superintendentin Susanne Beuth (l.) nahm die Entpflichtung von Ulrike Gebhardt vor.

Für ihre Abschiedspredigt hatte Ulrike Gebhardt mit Johannes 16, 23b-28+33 Verse aus den sogenannten „Abschiedsreden Jesu“ ausgewählt, zu denen auch ihr eigener Taufspruch „In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden“ gehört. „Eigentlich hatte ich zu meinem Taufspruch immer ein eher wohlwollend-distanziertes Verhältnis“, bekannte Ulrike Gerhardt, und erklärte: „Es ist ein Geschenk, dass ich recht wenig Angst vor der Angst habe.“ „Abschiedsreden sind vor allem Ermutigung für die Zukunft“, betonte sie und charakterisierte damit nicht nur die tröstenden Worte Jesu an seine Jünger, sondern gab auch den Grundton ihrer eigenen Abschiedspredigt vor. Wo etwas aufhöre, entstehe auch Raum für Neues. „Viel Erfahrung wird fehlen, und das ist auch gut so!“, ließ Gebhardt erst gar keine Wehmut aufkommen.

Gegen Gefühle von Angst und Verlassenheit helfe manchmal bereits ein Perspektivwechsel: „Gott hat sich nicht abgewandt, ihr schaut in die falsche Richtung!“ Gerade in der tiefsten Verzweiflung, „in menschlichen Abgründen“ bleibe Gott zugewandt. Am Ende ihrer Predigt warf Ulrike Gebhardt noch einmal einen positiven – und gleichzeitig „entdramatisierenden – Blick“ auf ihren Abschied: „Ich gehe nach erfüllender Berufstätigkeit in den Ruhestand.“

„Wertschätzung, Geduld und Offenheit“

Die Entpflichtung nahm Superintendentin Susanne Beuth vor, die gleich zu Anfang aus eigener Erfahrung von Ulrike Gebhardts Gabe der Ermutigung berichten konnte, war sie es doch, die Susanne Beuth dazu bewegt hatte, sich als Skriba zur Wahl zu stellen. Die Superintendentin hob Ulrike Gebhardts mehr als 30-jähriges prägendes Wirken in der Gemeinde hervor, insbesondere die „ökumenische Weite des Denkens und Handelns“. Susanne Beuth bescheinigte ihrer Kollegin ein „gesundes Selbstbewusstsein“ und die Fähigkeit „theologische Akzente“ zu setzen. Gebhardt sei „eine wichtige Verbündete im Theologinnenkonvent“ gewesen, wo ihre Rolle auch immer wieder gewesen sei, „harte Wahrheiten auszusprechen“, dies jedoch immer mit „Wertschätzung, Geduld und Offenheit“. „Du hast im besten Sinne als Gemeindepfarrerin gewirkt“, wandte sie sich an Ulrike Gebhardt. Ein Abschied biete auch die Chance, Platz für Neues zu schaffen. Hier verwies Beuth auf die verwirklichten Bauvorhaben der Gemeinde. Die Weichen seien gestellt. Manches würde enden, wie z.B. die Verbindung zu der bisherigen Partnergemeinde in Brandenburg oder der Mittwochskreis.

Besonders wichtig war Ulrike Gebhardt der jüdisch-christliche Dialog. Segensworte kamen daher auch vom Vorstand der Jüdischen Liberalen Gemeinde Köln, vertreten durch Rafi Rothenberg.
Besonders wichtig war Ulrike Gebhardt der jüdisch-christliche Dialog. Segensworte kamen daher auch vom Vorstand der Jüdischen Liberalen Gemeinde Köln, vertreten durch Rafi Rothenberg.

Nach der offiziellen Entpflichtung war die Gelegenheit für zahlreiche persönliche Segensworte, unter anderem von Martin Bock (Leiter der Melanchthon-Akademie), ihren Kollegen Gerd Maeggi und Katja Korf, Rafi Rothenberg, Vorstandsvorsitzender der Jüdischen Liberalen Gemeinde Köln, Gemeindereferent Frank Blachmann aus der katholischen Gemeinde St. Stephan sowie aus dem Presbyterium. Ein Mitglied der Japanischen Gemeinde, die regelmäßig in der Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde zu Gast ist, erinnerte an Gebhardts Besuche auf den Basaren der Gemeinde, an ihre Beiträge zu den Weihnachtsfeiern und die Straßenfeste am Decksteiner Weiher.

Zum Schluss gab es noch ein Überraschungsständchen der Paul-Gerhardt-Kantorei mit einem eigens für diesen Anlass getexteten Lied und zahlreiche persönliche Grußworte.

Auf Ulrike Gebhardt wartet nicht nur ein neuer Lebensabschnitt, sondern auch ein Wohnortwechsel. Sie zieht in die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt Mainz und freut sich besonders darauf, die Karwoche einmal wirklich als „stille Woche“ erleben zu dürfen, weniger Abendtermine zu haben und zu Freunden auch einmal sagen zu können: „Ich habe Zeit!“

Am meisten vermissen werde sie die vielen Menschen, mit denen sie Leben geteilt habe, die sie in schönen und schweren Situationen habe begleiten können. Verzichten können hätte Ulrike Gebhardt hingegen auf so manche überflüssige Bürokratie und das viele Schweigen in der Kirche, sowohl in Hinblick auf ihre Rolle im Nationalsozialismus als auch im Hinblick auf den Umgang mit den Missbrauchsskandalen. Doch unter dem Strich ist die Bilanz mehr als positiv: „Ich gehe ohne Bitterkeit und mit ganz viel Dankbarkeit!“

Text: Priska Mielke
Foto(s): Priska Mielke

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