Evangelische Kirche trauert um Alt-Präses Manfred Kock

Der Evangelische Kirchenverband Köln und Region trauert um Pfarrer i.R. Manfred Kock, der im Alter von 88 Jahren am 11. September 2025 verstorben ist. Manfred Kock war EKD-Ratsvorsitzender, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Stadtsuperintendent des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region und Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Nord. Ausgezeichnet wurde er mit dem Großen Bundesverdienstkreuz und dem Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen. Als herausragende Persönlichkeit des Protestantismus hat er die zurückliegenden Jahrzehnte maßgeblich mitgeprägt. Er hat Dinge beim Namen genannt und mit politisch Verantwortlichen, Parteien und Regierungen gesprochen. Er wollte, dass seine Kirche am gesellschaftlichen Diskurs mitwirkt, besonders bei Fragen, die das Gewissen des Menschen berühren. „Kirche kann sich weder das Recht noch die Pflicht absprechen lassen, Stellung zu nehmen.“ Diese Grundhaltung prägte sein Wirken.

„Ich habe Manfred Kock als großen Unterstützer in den Jahren der Reformationsdekade erlebt, als er schon im Ruhestand war und ich die Formate unserer Region als Vorsitzender des Kölner Ausschusses Reformationsdekade 2007-2017 koordiniert habe“, sagt  Pfarrer Bernhard Seiger, Stadtsuperintendent des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region. „Er hat befürwortet, dass wir unsere reformatorischen Schätze in Köln ins Schaufenster stellen. Er hat auch im Jahr 2006 mit seinem Buch „Freiheit. Über das Verständnis evangelischer Freiheit“ eine zeitgemäße Auslegung von Luthers Freiheitsansatz geliefert, die zeigt, dass er tief im reformatorischen Denken verhaftet war und als Superintendent, Präses und Ratsvorsitzender auf hohem theologischem Niveau Orientierung gegeben hat. Mit Manfred Kock verbinde ich neben allem Einsatz für gesellschaftliche und soziale Themen die Liebe zum Geschenk der Freiheit, die ihn vor Enge bewahrt hat.“

Geboren wurde Manfred Kock am 14. September 1936 in Burgsteinfurt im Münsterland. Nach dem Abitur studierte er Evangelische Theologie in Bielefeld-Bethel, Münster und Tübingen. In einer Bergarbeitergemeinde in Recklinghausen trat er 1962 seine erste Pfarrstelle an. 1970 wechselte er zunächst als Jugendpfarrer nach Köln. Er wurde Gemeindepfarrer in Köln-Bickendorf, später Superintendent des Kirchenkreises Köln-Nord. 1988 wählte ihn die Verbandsvertretung zum Stadtsuperintendenten des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region, der damals noch „Evangelischer Stadtkirchenverband Köln“ hieß. Manfred Kock fühlte sich in der Domstadt heimisch, er schätzte die lebensfrohe Mentalität der Kölnerinnen und Kölner und deren „großzügigen Gott“.

Eigentlich wollte Manfred Kock nach vielen Arbeitsjahren in unterschiedlichen kirchlichen Leitungsämtern im Jahr 1996 beruflich kürzertreten. Aber als sein Freund, Präses Peter Beier, plötzlich starb, war die Synode der Evangelischen Kirche im Rheinland im Januar 1997 überzeugt, dass nur Manfred Kock das schwere Amt der Nachfolge von Beier antreten könne. Im Herbst des gleichen Jahres war er turnusgemäß Gastgeber der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Wetzlar. Die Synode der EKD suchte einen Nachfolger für den EKD-Ratsvorsitzenden Klaus Engelhardt. Als aussichtsreichster Kandidat galt der Berliner Bischof Wolfgang Huber. Doch unverhofft stimmten 116 von 137 Mitgliedern der Synode für Präses Manfred Kock. Mit ihm wurde erstmals ein Rheinländer höchster Repräsentant der Protestanten in Deutschland. Bis zum Jahr 2003 übte er beide Ämter aus.

Manfred Kock war sein ganzes Pfarrerleben lang ein Mann der Ökumene. Er veröffentlichte mehrere Schriften, unter anderem das immer noch aktuelle Buch „Wider die ökumenische Eiszeit“. Wie kein Zweiter stand er für die „versöhnte Verschiedenheit“ von katholischer und evangelischer Kirche. Dass die Zukunft der Kirche ökumenisch sein werde, stand für ihn fest. Ihn verband ein enges persönliches Verhältnis mit Bischof Karl Lehmann, dem damaligen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz. Als dieser in Rom die Kardinalswürde empfing, war Präses Kock als persönlicher Gast im Vatikan mit dabei. Das tiefe persönliche Verhältnis der beiden höchsten Kirchenmänner des Landes entschärfte viele ökumenische Fragen, bevor diese zu einem Problem werden konnten. Mit dem Jesuitenpater Friedhelm Mennekes organisierte er gemeinsame Kunstausstellungen und Gottesdienste. Aber Manfred Kock konnte auch unbeugsam sein, zum Beispiel als er im Jahr 2000 eine Erklärung des Vatikans zur katholischen Kirche als „Rückschlag für das ökumenische Miteinander“ kritisierte.

Superintendent Markus Zimmermann erinnert sich wie folgt an ihn: „Ich habe Manfred Kock als Pfarrer; Superintendent des Kirchenkreises Köln-Nord und später – da allerdings mehr aus der Ferne – als Präses und EKD-Ratsvorsitzenden erlebt. Bei der Unterschiedlichkeit seiner Ämter, blieb er sich stets treu: Immer hatte er ein offenes Ohr und nahm sich mit seiner freundlichen und zugewandten Art Zeit für die Menschen, auf die er traf. Besonders lagen ihm auch die am Glauben und der Kirche Zweifelnden am Herzen. Jede Form von Dogmatismus und Bürokratismus in der Kirche lehnte er ab. Er verfügte über eine große Menschenliebe, Zuversicht und Gelassenheit. Neuen, auch unkonventionellen Ansätzen seiner Kolleginnen und Kollegen im Pfarramt gegenüber stand er offen und unterstützend gegenüber. Das hat unseren Kirchenkreis Köln-Nord geprägt und profiliert. Auch die maßgeblich von ihm auf der Ebene des damaligen Ev. Stadtkirchenverband Köln Anfang der 90er Jahre initiierte Kampagne „Misch Dich ein“ hat nicht nur innerkirchlich vieles in Bewegung gebracht, sondern zu einer hohen öffentlichen Aufmerksamkeit geführt, weit über Köln und der Region hinaus.“

Weitere wichtige Themen seiner Amtszeit waren neben dem ökumenischen Dialog und dem Verhältnis von Christen und Juden die Friedensethik und die Medizin- und Bioethik sowie die Zuwanderung und der Wandel des Sozialstaates. In diesem Zusammenhang sprach er sich immer wieder gegen „die Zwänge des Mammons“ aus und solidarisierte sich mit den Armen und Schwachen. Religiös begründete Gewalt und Fanatismus verurteilte er aufs Schärfste, ebenso wie Gewalt gegen Frauen. Er war der Auffassung, dass sich die Kirche stetig erneuern muss, auch 500 Jahre nach der Reformation.

In seiner Amtszeit wirkte Kock als Moderator und Brückenbauer – sowohl zwischen den Interessen und Strömungen der EKD als auch im Dialog zwischen den Kulturen und Religionen. Er bezog klar Stellung und wirkte zugleich bedächtig und ausgleichend. Im Umgang mit dem sichtbaren Islam etwa durch Burka und Burkini riet er zur Gelassenheit: Die Diskussion darüber habe nicht mit realen Integrationsproblemen zu tun und schaffe erst Probleme.

Bis ins hohe Alter war Kock aktiv, hielt Gottesdienste und gab Seminare. Auch in der Melanchthon-Akademie war er regelmäßig als Gast und Dozent anzutreffen. Dort nahm er zuletzt öfter als Gast von Podiumsdiskussionen teil. Der Titel einer Öffentlichkeitskampagne aus seiner Amtszeit als Stadtsuperintendent war auch im hohen Alter für ihn noch Programm: „Misch Dich ein!“

Text: APK
Foto(s): Engelbert Broich

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