„1700 Jahre Nizäa und die Frage nach roten Linien im Glauben“: Reformationsfeier in der Trinitatiskirche

„1700 Jahre Nizäa und die Frage nach roten Linien im Glauben“: Das Nizänische Glaubensbekenntnis stand im Mittelpunkt der Reformationsfeier des Evangelischen Kirchenverbands Köln und Region in der Trinitatiskirche. Kaiser Konstantin I. hatte im Jahr 325 viele Kleriker einberufen. Ergebnis war das Nizänische Glaubensbekenntnis. Die evangelische Kirche kennt unterschiedliche Bekenntnisse, die zentrale Glaubensinhalte zusammenfassen. Neben dem Apostolischen Glaubensbekenntnis, das in jedem Gottesdienst gesprochen wird, gibt es auch das Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel.

Es gilt als das ökumenische Bekenntnis und wird an hohen Feiertagen im Gottesdienst gesprochen. Im Zentrum des Textes steht die Dreieinigkeit Gottes, der sich in drei Gestalten zeigt: als Vater, Sohn und Heiliger Geist. Allerdings ergaben sich in karolingischer Zeit Unterschiede. Damals wurde das „Hervorgehen des Geistes aus dem Vater und dem Sohn“ nachträglich in das Glaubensbekenntnis eingefügt. Es entspricht westlicher, nicht ostkirchlicher Tradition. Superintendent Markus Zimmermann begrüßte die Gäste in der Trinitatiskirche in „ökumenischer Verbundenheit“. Die Erneuerung des Glaubens könne nur der Glaube an Jesus Christus erreichen, nicht irgendwelche Irrungen und Wirrungen der Kirchen. „Der Glaube ist der rote Faden.“

Als Prediger hatte man Erzpriester Radu Constantin Miron gewinnen können. Miron war von 2019 bis Anfang 2025 Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirche (ACK) in Deutschland und ist seit langem in Köln in der Ökumene engagiert. Er erinnerte daran, dass die orthodoxen Christen einen Tag haben, an dem sie das Bekenntnis von Nizäa feiern: Den Sonntag zwischen Himmelfahrt und Pfingsten. Das Konzil habe 325 ja auch im Frühsommer beraten. „Wir Orthodoxen sind dann immer voller Vorfreude an Pfingsten und den Heiligen Geist.“  Allerdings betreibe man keinen Kabbalismus. 1700 Jahre Nizäa, 508 Jahre seit der Reformation 1517: Es gehe nicht um Daten, sondern um Inhalte. Die Reform der Kirche sei eine bleibende Aufgabe. Letztlich gehe es darum, was bleibe und vielleicht zu aktualisieren sei.

„Gott freut sich über alle“

Letztlich stehe man gemeinsam als glaubwürdige Zeugen in der Nachfolge Jesu Christi, ohne ihn zu verraten. Man lebe in einer Zeit der Individualisierung, ja auch der Einsamkeit. Miron ging ein auf den Text der Lesung aus Matthäus 18, 12 – 20. Ein Schäfer lässt 99 Schafe auf dem Berg zurück, um das eine Schaf zu suchen, das sich verirrt hat. In dem Text geht es auch um den Bruder, der sündigt, und schließlich wie ein Heide und Zöllner behandelt werden solle, wenn er ohne Einsicht weiter sündige. „Dürfen wir uns anmaßen, über Sündigkeit zu urteilen?“, fragte Miron. „Ausschluss aus der Gemeinde klingt nach Gesetzesreligion.“ Die ecclesia vermittle am besten immer ein Gefühl der Gemeinschaft. Ein verirrtes Schaf und 99 an der richtigen Stelle: „Gott freut sich über alle.“

Es sei schwer, über den richtigen Weg zu urteilen. Vielleicht sei das verirrte Schaf klüger als die anderen, wolle sich selbst verwirklichen, sei kreativer als die anderen. „Es geht aber immer um den Wert der Gemeinschaft, den Wert der Gemeinsamkeit.“ Auch im Konzil von Nizäa. Das habe Wert auf die Feststellung gelegt, was der Glaube der Apostel, der Väter und der Kirchen sei. Die Synodalität in allen Kirchen fuße auf dem Konzil von Nizäa.

Das Bekenntnis stecke Grenzen ab. Die Konzilsväter hätten Regeln für alle formuliert und rote Linien im Blick gehabt. „Früher nannte man rote Linien den Schritt über den Rubicon und Tabubruch.“ Wo verläuft die Grenze zwischen Rechtgläubigkeit und Häresie? „Wenn du das sagst, bist du ein Heide oder Zöllner. Wenn du das behauptest, bist du nicht mehr Mitglied im ACK. Wer denkt da nicht an Patriarch Kyrill?“

Zu lange habe man die Theologie der 99 Schafe gepflegt, weil die als rechtgläubig galten. Die hätten mit dem „Zeigefinger“ anklagend in Richtung des verirrten Schafs gezeigt. Das sei falsch und es müsse klar sein: „Es geht immer um die ganze Herde.“

Weitere Impressionen von der Reformationsfeier in der Trinitatiskirche, zeigt dieses Video:

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann

Der Beitrag „1700 Jahre Nizäa und die Frage nach roten Linien im Glauben“: Reformationsfeier in der Trinitatiskirche erschien zuerst auf Evangelischer Kirchenverband Köln und Region.