Pfarrer-Georg-Fritze-Gedächtnisgabe für Pfarrerin Mathilde Sabbagh

Seit dem Jahr 1981 zeichnet der Kirchenkreis Köln-Mitte alle zwei Jahre Menschen oder Institutionen mit der Pfarrer-Georg-Fritze-Gedächtnisgabe aus, die sich in besonderer Weise für Opfer von Diktatur, Gewalt und Menschenrechtsverletzungen einsetzen oder selbst Opfer von Gewalt sind. In diesem Jahr erhielt Pfarrerin Mathilde Sabbagh die mit 10.000 Euro verbundene Würdigung von Superintendentin Susanne Beuth. Stellvertretend für Mathilde Sabbagh nahm Pfarrerin Miriam Haseleu von der evangelischen Gemeinde Nippes die Urkunde entgegen, denn aus ihrer Gemeinde war die Anregung, die syrische Theologin auszuzeichnen, gekommen.

An der Feierstunde in der Kartäuserkirche nahm die Pfarrerin via Zoom teil. Sie lebt und arbeitet in Al-Hasaka, Hauptstadt des Gouvernements Al-Hasaka in der Region Dschazira im Nordosten des Landes. Dort macht sie sich seit sieben Jahren in der Kinder- und Jugendarbeit stark, wirkt seelsorgerisch, trotzt täglichen Schwierigkeiten, dem allgegenwärtigen Kriegsgeschehen und Anfeindungen orthodoxer Vertreter anderer Gemeinden. Als erste Frau überhaupt in Syrien, wurde sie am 3. April 2022 offiziell ordiniert.

In ihrer Laudatio schilderte M. Khalaf, ebenfalls aus Syrien stammend, Presbyterin der evangelischen Gemeinde Gummersbach sowie dort Prädikantin, den Werdegang Mathilde Sabbaghs, nachdem sie die Zuhörenden mit persönlichen Worten sehr berührt hatte: „Ich muss Ihnen erst sagen, dass ich gerade Tränen in den Augen habe. Diese Auszeichnung gibt mir Hoffnung auf eine Zukunft für mein Land, das ich sehr vermisse.“ M. Khalaf ist seit 2014 in Deutschland, arbeitet in Oberberg, wie früher in Damaskus als Ärztin.

Eine Frau, deren „Herz für die Theologie brennt“

Sie beschrieb in ihrer Laudatio den Weg Mathilde Sabbaghs als den einer Frau, deren „Herz für die Theologie brennt.“ Sabbagh, geboren 1990, studierte zunächst in Aleppo Englische Literatur. Später, in Beirut, besuchte sie das Theologische Seminar. Frauen werden in Syrien nicht ordiniert – das war ihr im Grunde klar. Dass sie als erste Frau Syriens dann doch ihren feierlichen Ordinationsgottesdienst erleben konnte, sei etwas Hausragendes gewesen, betonte M. Khalaf. Sabbagh selbst sagte, ihre Ordination sei ein „Akt der Gerechtigkeit gegenüber den Frauen“ gewesen.

2016 nahm Mathilde Sabbagh ihre Arbeit in ihrer Heimatkirche auf. In ihrer Dankesrede erzählte sie davon, wie sehr die Kinder, die zu ihr kommen und oft nur Jahre des Krieges kennen, sich nach ein bisschen Freude sehnen. M. Khalaf verriet, dass die Pfarrerin unter anderem so geschätzt werde, weil sie mit den Kindern und Jugendlichen tanze. „Die anderen Geistlichen dort tun das nicht. Sie ist die einzige!“ Sprach- und Computerkurse, Sport oder Ausflüge für bis zu 200 Kinder gehören ebenso zum Angebot wie humanitäre Hilfe in einer Stadt, in der es immer wieder an Wasser mangelt, in der Elektrizität oft nicht verfügbar ist. „Es ist nicht die Schuld der Kinder, dass sie im Krieg geboren wurden“, betonte Sabbagh und gab zu, manchmal selbst der Verzweiflung nah zu sein. „Als sich vor einigen Jahren unmittelbar meiner Nähe und der meiner Familie eine Explosion ereignete, dachte ich, entweder ich gebe auf oder ich mache mit aller Kraft weiter.“ Mathilde Sabbagh entschied sich, mit ganzem Herzen dabeizubleiben, schöpft Kraft aus Johannes 10,10: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.“

Als die Mail sie Anfang 2022 erreichte, in der sie als Empfängerin der Gedächtnisgabe stand, habe sie das als gnadenreichen Jahresbeginn empfunden. „Dieser Preis ist ein Zeichen der Hoffnung, dass unsere Kirche weltweit verbunden ist.“

Pfarrer Georg Fritze

An Pfarrer Georg Fritze, überzeugter Pazifist und Antifaschist, Pfarrer der Kartäuserkirche in Köln und ein Theologe, der sich während der 1920er Jahre für die Ordination von Frauen stark machte, erinnert in seinem Grußwort Bürgermeister Ralph Elster. Geboren wurde Georg Fritze 1874 in Magdeburg, er starb 1939 in Köln, nachdem er mehr als 20 Jahre Pfarrer in Köln gewesen war. Dem Treueeid auf Adolf Hitler hatte er sich 1938 verweigert, schon Ende der 1920er Jahre warnte Georg Fritze vor dem Faschismus, wurde Mitbegründer der Bekennenden Kirche, der auch Dietrich Bonhoeffer angehörte.

Text: Katja Pohl
Foto(s): Matthias Pohl

Der Beitrag Pfarrer-Georg-Fritze-Gedächtnisgabe für Pfarrerin Mathilde Sabbagh erschien zuerst auf Evangelischer Kirchenverband Köln und Region.