Kirchbautag: AntoniterQuartier – Geschichte, Gegenwart und Zukunft eines Erfolgsmodells

Die Erfolgsgeschichte des AntoniterQuartiers hat eine lange Vorgeschichte. In die warf Markus Herzberg, Pfarrer an der AntoniterCityKirche einen Blick bei seinem Referat während des Evangelischen Kirchbautages in Köln. Herzberg begrüßte über 20 Teilnehmende im durch eine mobile Trennwand geteilten Antoniussaal. Er erinnerte an das Kloster des Antoniter-Ordens an der Stelle des heutigen AntoniterQuartiers an der Schildergasse. Die Mönche hätten sehr erfolgreich gegen die im Mittelalter lebensgefährliche Mutterkorn-Vergiftung gewirkt. „Wir haben hier immer noch gutes Brot und guten Wein“, schlug Herzberg kurz einen Bogen in die Gegenwart. „Aber wir haben Abstand davon genommen, Knochen des heiligen Antonius in den Wein zu tauchen.“

Nachdem die Franzosen Köln besetzt hatten, übergaben sie 1802 die Antoniterkirche als erste evangelische Kirche auf dem Stadtgebiet den Kölner Protestanten. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche arg zerstört, aber bereits am 18. Mai 1952 im Beisein des damaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss wieder eingeweiht. In den 60er Jahren baute die Gemeinde ein mehrstöckiges Haus an der Nord-Süd-Fahrt, in dem das Gemeindeamt, Gemeindesäle und Wohnungen untergebracht waren.

Herzberg erinnerte sich an die „Ost-Berlin-Anmutung“, die der Bau ausgestrahlt habe. Schließlich habe das Presbyterium beschlossen, neu zu bauen. Ein erster Studenten-Wettbewerb wurde ausgelobt. Die Studenten hatten völlige Freiheit, Ideen zu formulieren. Mit drei Einschränkungen, so Herzberg: „Die Kirche bleibt stehen, kein Rotlichtmilieu, keine plastische Chirurgie.“ Herausgekommen seien sehr unterschiedliche Vorschläge. Einer habe ein Dach vorgesehen, dass die Kirche im wahrsten Sinne des Wortes umarmt habe. Auch einen 70 Meter hohen Turm mit vertical farming habe man zur Diskussion gestellt.

Wirklich ernst wurde es dann 2014 für 16 teilnehmende Büros bei einem Realisierungswettbewerb. Im Juni 2015 entschied sich das Preisgericht für den Entwurf von trint + kreuder d.n.a. Das Kölner Büro schlug für das rund 3300 Quadratmeter große Grundstück ein attraktives Gebäude-Ensemble mit einem großzügigen Kirchplatz für die Antoniterkirche, ein modernes Citykirchenzentrum und zahlreiche weitere Nutzungsmöglichkeiten vor. Dazu zählten Gastronomie, Handel und Wohnen. „Wir haben alle Beteiligten in der Jury ins Boot geholt“, erinnerte sich Herzberg.

Beherbergen, Bilden und Bewirten

Der Baudezernent Franz-Josef Höing und auch die Fraktionen aus der Stadt waren neben Experten und Vertreterinnen und Vertretern der Evangelischen Gemeinde Köln waren an der Entscheidung des Preisgerichts beteiligt. „Der Entwurf nimmt mit seiner zurückgenommenen Gestaltung einen klaren Dialog mit der Kirche auf und gibt damit gleichzeitig dem Platz ein markantes, eigenständiges und ,modernes‘ Gesicht. Die Baukörper vermitteln gleichzeitig eine offene und geschützte Atmosphäre“, befand das Preisgericht.  „AntoniterQuartier.Kirche.Platz.Leben in der Stadt“ war fortan der Slogan, unter dem das neue Kleinod an der Schildergasse, auf der zu den Geschäftszeiten 15.000 Menschen pro Stunde gezählt werden. Herzberg zählte die drei B auf, die auch für das Projekt stehen: Beherbergen, Bilden und Bewirten.

Und auch das Gemeindeleben hat sich verändert. „Wir können endlich ein Osterfeuer anzünden“, erklärte Herzberg. Und der Kirchplatz habe sich als volksmissionarischer Ort erwiesen. „Als wir unsere Gottesdienste wegen Corona unter freiem Himmel gefeiert haben, sind immer wieder Passanten stehen geblieben, haben zugehört und gar nicht so selten das ,Vater unser‘ mitgebetet.“ Die Himmelfahrtsgottesdienste werden jetzt regelmäßig auf dem Kirchplatz gefeiert. Und das ohne jedes Risiko: „Wenn es regnet, gehen wir halt rein“, sagte der Pfarrer.

Sehen lassen könne sich auch der Antoniussaal. Und vor allem hören lassen. „Köln hat es ja nie geschafft, einen Kammermusiksaal zu bauen. Hier ist einer mit einer unglaublich schönen Akustik. Die Musiker sind begeistert. Hier wurden schon CDs aufgenommen“, schwärmte Herzberg und lobte das Schweizer Unternehmen, das für den Hörgenuss verantwortlich zeichnet. Neben der Gastronomie sind im AntoniterQuartier auch Wohnungen untergebracht. Drei mit Dachterrassen mit 65 bis 84 Quadratmetern und sieben mit Balkonen zwischen 95 und 110 Quadratmetern. Alle sind hochwertig ausgestattet und kosten 17,50 Euro pro Quadratmeter. Damit und mit den Gastro-Mieten wird das Gebäude bis 2046 bezahlt.

„Es gibt einen Ort, an dem wir was verdienen, und es gibt Orte, an denen wir mehr geben“, beschrieb Herzberg das Konzept und nannte als Beispiel den Zuschuss der Gemeinde für das kostengünstige Mittagessen im Vringstreff. 2022 werde man erstmals ein Überschuss erzielen dank 1,4 Millionen Euro Einnahmen und 1,2 Millionen Euro Aufwendungen inklusive Tilgung. Im Januar sei man eingezogen und habe sich an den zeitlichen Rahmen gehalten. Nicht zuletzt deshalb sei das AntoniterQuartier ein Erfolgsmodell. Die einzige nennenswerte Verzögerung wurde verursacht durch eine Weltsensation. Bei den Aushubarbeiten für die Tiefgarage wurden die Überreste der bis auf weiteres größten römischen Bibliothek nördlich der Alpen gefunden. „Wir waren Thema in den Zeitungen weltweit“, erinnerte sich Herzberg. Sogar die „Sendung mit der Maus“ war vor Ort. Und für den Pfarrer wurde, wie er erzählte, ein Kindheitstraum wahr: „Ich durfte Armin Maiwald berühren.“

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann

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