„Ich freue mich darauf, wenn ich mich einfach wieder sorglos und angstfrei zwischen die Leute setzen kann, wenn da in der Mitte ein Platz frei ist“

Auch die Antoniter Siedlungsgesellschaft mbH im Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region (ASG) beschäftigt sich seit einem Jahr mit der Pandemie. Was bleibt, wenn das Virus geht? Welche langfristigen Entwicklungen wurden in der evangelischen Immobilienwirtschaft angestoßen?

Interview mit Hausmeister Heinz Fischer

Susanne Hermanns, Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei ASG, hat mit ihrem Kollegen Heinz Fischer über seinen Arbeitsalltag nach einem Jahr Pandemie gesprochen. Heinz Fischer (66 Jahre) ist Hausmeister in einer Wohnanlage der Gesellschaft in Köln-Bocklemünd mit 244 Wohnungen und feiert in diesem Jahr sein 25-jähriges Dienstjubiläum bei der ASG.
Das Hausmeister-Gen liegt in der Familie, denn Fischer hat die Stelle damals von seinem Vater übernommen, der vor ihm schon 29 Jahre als Hausmeister in der Wohnanlage tätig war. Und auch die dritte Generation Fischer steht bereits in den Startlöchern: Marc Fischer, der zurzeit noch in anderen Wohnobjekten als Hausmeister der ASG tätig ist, wird in einigen Jahren die Stelle seines Vaters in Bocklemünd übernehmen. Der will aber trotz seines Alters noch nicht in Rente gehen, denn Heinz Fischer liebt seine Arbeit.
Die Covid 19-Pandemie hat auch den Arbeitsalltag des Hausmeisters beeinflusst – denn gerade im Umgang mit Mieterinnen und Mietern sind Abstands- und Hygieneregeln besonders wichtig und Regelüberschreitungen durch Mieterinnen und Mieter hier und da an der Tagesordnung.

Wie sieht bei Ihnen der „neue Arbeitsalltag“ aus? Ist er wirklich neu, oder gab es einige der Maßnahmen schon vor Corona?

Ich begegne den Mietern nicht mehr so wie früher. Wenn mich einer anruft und bittet, in seine Wohnung zu kommen, um einen Schaden aufzunehmen, dann gibt es klare Regeln: Ich klingle, und das ist das Zeichen, dass die Mieterinnen und Mieter ihre Fenster und die Wohnungstür öffnen müssen, damit es Durchzug gibt. Während ich in der Wohnung bin, müssen die Mieterinnen und Mieter die Wohnung verlassen und im Treppenhaus oder im Laubengang warten. Wenn sie darauf bestehen, mit mir in die Wohnung zu gehen, dann gehe ich wieder, schreibe einen Auftrag und leite das dem zuständigen Techniker weiter. Natürlich trage ich immer eine Maske. Die meisten halten sich an die Regeln, wer das nicht tut, kann mir einen Zettel in den Briefkasten schmeißen, und ich mache alles fertig.
Bei Wohnungsbesichtigungen ist es ähnlich. Ich schließe die Wohnung auf, und die Interessentin/der Interessent kann sich die Wohnung alleine in Ruhe anschauen. Den Rest klärt er dann mit unserem Mietservice. Bei einer Wohnungsübergabe mache ich vorher alles fertig – Namensschilder, Schloss usw. – dann gehe ich mit einer Person unter Einhaltung eines entsprechenden Abstands durch die Räume und wir machen ein Übergabeprotokoll. Nach jedem Kontakt wasche und desinfiziere ich meine Hände.
Ich versuche möglichst viel kontaktlos, also telefonisch, zu regeln. Die meisten halten sich an die Abstandsregeln. Wer das nicht tut, den weise ich darauf hin. Nicht alle sind einsichtig. Wenn einer seine Maske nicht anzieht, drehe ich mich einfach um und lasse den stehen. Es bringt ja nichts, sich mit den Leuten zu streiten.
Natürlich beobachte ich auch draußen, dass mehrere Leute aus mehreren Haushalten zusammensitzen und essen und trinken – meistens später am Abend, wenn es schon dunkel ist. Am nächsten Tag liegt dann der Müll dort. Ich spreche die Leute an und sage denen, dass das verboten ist. Dann gehen sie weg und kommen wieder, wenn ich weg bin. Das wäre sicher anders, wenn Ordnungsstrafen fällig wären, die sie sofort bezahlen müssten. Dann hätte sich die Sache erledigt!
Die Polizeipräsenz ist immerhin höher als vor Corona-Zeiten. Das macht sich insgesamt schon bemerkbar. Es sind weniger Leute draußen, wer ohne Maske rumläuft, zieht die natürlich ganz schnell an, wenn Polizei in der Nähe ist.

Welche konkreten Schritte hat Ihre Organisation durchgeführt?

An meinem Arbeitsplatz hat sich nichts geändert. Ich habe hier mein Büro wie immer. Wenn Leute hier hereinkommen, dann geht das nur einzeln. Wenn es mehrere Personen sind, muss der Rest draußen bleiben und durch die offene Tür zuhören oder mit mir reden.
Die ASG hat uns Hausmeister alle mit ausreichend Masken und Desinfektionsmittel ausgestattet. Die Geschäftsstelle in der Kölner Südstadt dürfen wir derzeit nicht betreten. Da gibt es ganz klare Regeln. Aber es gibt regelmäßig Treffen mit unserem Teamleiter auf dem Parkplatz der ASG – wir nennen das „Drive In“. Da bekommen wir dann unsere Post und Unterlagen, was sich so angesammelt hat.

Wie haben Kolleginnen und Kollegen auf die Maßnahmen reagiert?

Alle halten sich an die Regeln, aber wir vermissen uns auch alle. Das soziale Miteinander fehlt, kurze Gespräche und Plaudereien, wenn ich mal in der Geschäftsstelle bin. Man würde einfach gerne mal mit den anderen Hausmeistern zusammensitzen und reden. Mit manchen telefoniere ich oft, einfach mal, um zu quatschen.
Insgesamt dauert alles länger und ist umständlicher. Wenn ich in der Geschäftsstelle bin, regele ich z. B. mit dem Techniker oder zuständigen Kollegen im Mietservice vor Ort im kurzen Austausch ganz viele Dinge. Zum Beispiel sagt mir der Techniker, dass bei einem Neubezug noch nicht alles fertig ist und der neue Mietvertrag erst auf den 15. des Monats ausgestellt werden kann – das kann ich dann sofort mit dem anderen Kollegen weiter besprechen usw.- Jetzt muss ich für alles eine oder mehrere E-Mails schreiben oder anrufen – da vergisst man aber viel. Das ist mir zu unpersönlich.
Ich mag den persönlichen Kontakt zu den Kollegen, genauso wie ich den Kontakt zu „meinen“ Mieterinnen und Mietern mag. Bei denen ist es mir egal, wer das ist oder wo sie oder er herkommt. Ich wohne selbst seit 46 Jahren in der Wohnanlage. Ich kenne alle – und ich freue mich darauf, wenn ich mich einfach wieder sorglos und angstfrei zwischen die Leute setzen kann, wenn da in der Mitte ein Platz frei ist.

Die Antoniter Siedlungsgesellschaft mbH

Die Antoniter Siedlungsgesellschaft mbH (ASG) ist das Wohnungsbauunternehmen der Evangelischen Kirche in Köln und Region. Sie verfügt über mehr als 1.700 Wohnungen in Köln und Umgebung, davon über 700 Seniorenwohnungen und vier Demenz-WGs sowie Wohngruppen für ehemals obdachlose Menschen, für Menschen mit Behinderung oder aus schwierigen Verhältnissen, Mutter-Kind-Gruppen sowie Frauen mit häuslicher Gewalterfahrung.

Text: Susanne Hermanns/APK
Foto(s): Susanne Hermanns

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