Gottesdienst mit Kirchenleitung im Braunkohlerevier: Schöpfung zwischen Schönheit und Sorge
Die Schöpfung und die Sorge um sie stehen im Mittelpunkt eines Gottesdienstes am Sonntag, 19. März 2023, im rheinischen Braunkohlerevier. Präses Dr. Thorsten Latzel und weitere Kirchenleitungsmitglieder der Evangelischen Kirche im Rheinland sind daran beteiligt. Anlass sind Gespräche, die die Kirchenleitung am kommenden Wochenende vor Ort über die Zukunft der Region nach dem Braunkohleausstieg führt.
Im Gottesdienst am Sonntag um 10 Uhr in der Lutherkirche in Kerpen-Buir (Bahnstraße 40) drehen sich die drei Predigtteile um den 104. Psalm, der mit „Lob des Schöpfers“ überschrieben ist. Irene Weyer, Pfarrerin der gastgebenden Gemeinde zu Düren, Jens Sannig, Superintendent des Kirchenkreises Jülich, und Präses Dr. Thorsten Latzel nehmen das Gebet des Volkes Israel aus unterschiedlichen Perspektiven in den Blick. „Wenn wir zurzeit von Schöpfung reden, sprechen wir vor allem vom menschengemachten Klimawandel, von Artensterben, Plastikmüll, gerodeten Urwäldern, schmelzenden Gletschern, Wasserknappheit, Überschwemmungen. Zurecht. Unsere Lebensweise zerstört die Lebensgrundlage kommender Generationen“, sagt Präses Dr. Thorsten Latzel. „Zugleich öffnet die Rede von Schöpfung in der Bibel einen heilsam anderen Blick. Weil hier Gott als Schöpfer in den Blick kommt. Die Welt liegt in Gottes Hand, nicht in unserer. Die Schöpfung ist sein Werk. Das kann uns helfen, anders mit unseren Mitgeschöpfen umzugehen: dankbarer, bescheidener, einfühlsamer – und zugleich allem zu widerstehen, was Gottes Schöpfung zerstört.“
„Ich freue mich, dass die Kirchenleitung der EKiR sich mit der Thematik des Strukturwandels im Rheinischen Revier befasst. Dazu gehen wir ein ganzes Wochenende mit der Kirchenleitung und als Superintendenten der betroffenen Kirchenkreise als Lernende in die Gespräche“, sagt Stadtsuperintendent Bernhard Seiger zu dem Besuch der Kirchenleitung am Wochenenden. „Wir treffen bei Bürgerinitiativen, RWE und Politik mit Menschen zusammen, die großes Wissen und verschiedene Perspektiven auf die Themen haben. Wir sehen, dass zur Nutzung der Gebiete und Orte, die nun erhalten bleiben, noch viele Fragen offen sind. Hier ist eine gewaltige Gestaltungsaufgabe für die Kommunen, für die Bürgerinnen und Bürger, für RWE und viele andere Unternehmen, die hier Zukunft gestalten können.“
Gespräche in geschütztem Rahmen
Der Gottesdienst findet im Rahmen eines Besuchs der rheinischen Kirchenleitung im Tagebaugebiet statt. Am Samstag und Sonntag treffen sich Mitglieder der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche im Rheinland mit Vertreter und Vertreterinnen örtlicher Bürgerinitiativen, aus der Politik und des Energieunternehmens RWE, um sich über die Lage vor Ort zu informieren und um sich über die Zukunftsfragen der dort lebenden Menschen auszutauschen. Während der Gottesdienst am Sonntag öffentlich ist, finden die Gespräche in vertraulichem Rahmen statt. Neben Kirchenleitungsmitgliedern sind daran auch Vertreter und Vertreterinnen der vom Braunkohletagebau betroffenen Kirchenkreise (Köln-Nord und -Süd, Gladbach-Neuss, Jülich) beteiligt.
„Wir möchten gerne die Perspektiven wahrnehmen, die die Menschen vor Ort haben und ins Gespräch über Lösungen kommen. Dabei spielt ein möglichst schneller Weg zum Braunkohleausstieg ebenso eine Rolle wie die langfristig geplante Landschafts-, Unternehmens- und Infrastrukturentwicklung“, fasst Pfarrer Bernhard Seiger, der auch Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Süd ist, die Zielsetzung der vertraulichen Gespräche zusammen. „Es ging in den Debatten der letzten Jahre und es geht auch künftig immer auch um die Frage der Energiesicherheit in unserer Großregion. Es braucht angesichts der großen Aufgabe eine große Lern- und Veränderungsbereitschaft auf allen Seiten. Als Kirchen sehen wir die unterschiedlichen Perspektiven und wollen einen – wenn auch kleinen – Beitrag dazu leisten, dass diese Generationenaufgabe des Umbaus des Reviers in eine Zeit nach der Kohle gelingt.“
Der gemeinsame Gottesdienst am Sonntagmorgen wird einen besonderen Höhepunkt im Rahmen des Besuches der Kirchenleitung im Rahmen des Besuches im Braunkohlerevier darstellen. „Ich finde es ermutigend, dass wir in Kerpen-Buir am Sonntag gemeinsam einen Gottesdienst feiern, in dem wir die Aufgabe der Bewahrung der Schöpfung, das Schicksal vieler Menschen und die Zukunft einer Region mit ihren Arbeitsplätzen in den Blick nehmen“, sagt Stadtsuperintendent Bernard Seiger. „Die Vielfalt und das Suchen nach Wegen hat Platz vor unserem Gott, dem all das, was wir erleben und tun, nicht egal ist.“
Stopp des Kohleabbaus gefordert
Anlässlich der Räumung des Ortes Lützerath für den weiteren Braunkohleabbau hat sich das oberste Leitungsgremium der Evangelischen Kirche im Rheinland, die Landessynode, im Januar für einen sofortigen Abbaustopp am Ort ausgesprochen. Sie teile die Sorge der Protestierenden um die Auswirkungen der Kohleverstromung auf das Klima. Man wisse um die Rechtslage, die RWE das Abbaggern der Braunkohle erlaube – aber auch um die widersprüchliche Gutachtenlage, so die Landessynode im Januar.
Text: ekir.de / Jens Peter Iven
Foto(s): Sammy Wintersohl
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