FC-Fans feiern Gottesdienst zur Saisoneröffnung – Pfarrerin Kerstin Herrenbrück predigt über Hebräerbrief
Wenn im Hohen Dom zu Köln beim Gottesdienst schon nach dem Orgelvorspiel frenetischer Applaus ertönt, ist klar: Hier feiern die FC-Fans sich, ihren Verein und den „Fußballgott“. Diese besondere Stimmung zeigt die enge Verbindung zwischen Fußball und Religion in Köln, wo der Verein fast eine heilige Bedeutung hat. Und auf den Fußballgott wartet in der Saison 2024/25 in Köln ziemlich viel Arbeit, wie sich im weiteren Verlauf des Abends zeigen sollte.
Zu Beginn des Gottesdienstes begrüßte Stadtdechant Robert Kleine die anwesenden Fans. Besonders herzlich hieß er auch die Hamburger Fans willkommen, konnte sich aber den humorvollen Seitenhieb nicht verkneifen, dass ihnen wohl eine betrübliche Heimfahrt bevorstünde. Diese Prophezeiung erfüllte sich jedoch nicht. Die Hanseaten gewannen das Spiel in Müngersdorf knapp, was zeigt, dass selbst im Dom nicht alle Wünsche erhört werden.
Der Gottesdienst wurde gemeinsam von Robert Kleine und Kerstin Herrenbrück, Pfarrerin in Köln-Höhenhaus und Teil der „Doppelspitze“ in der Leitung des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch, gestaltet. In ihrer Ansprache bezog sich Pfarrerin Herrenbrück auf eine Passage aus Hebräer 10: „Erinnert euch an die früheren Tage – damals seid ihr in einem harten Leidenskampf standhaft geblieben. Die einen wurden öffentlich zur Schau gestellt, indem man sie beschimpft und misshandelt hat. Die anderen standen denen zur Seite, denen es so erging. Denn ihr wisst, dass ihr ein besseres und unverlierbares Vermögen habt. Werft also euer Vertrauen nicht weg! Es wird reich belohnt werden. Was ihr jetzt braucht, ist Geduld.“
Diese Sätze aus dem neutestamentlichen Hebräerbrief könnten so oder so ähnlich auch im Geißbockecho stehen. „Oder sie könnten Teil der Motivationsrede des Geschäftsführers Sport beim Grillfest mit der Mannschaft sein“, sagte die Pfarrerin und zog damit eine Parallele zwischen biblischer Botschaft und den Herausforderungen des modernen Fußballs. „Liebe FC-Gemeinde, Teamgeist, Vertrauen und Geduld – das sind für mich die Schlüsselworte – sie sind nicht wegzudenken: nicht für uns als Christinnen und Christen, nicht für uns als Fans, nicht für die Vereinsführung, nicht für die Mannschaft – die Mannschaften – und sie werden belohnt werden.“ Diese Werte, so betonte sie, seien entscheidend für eine erfolgreiche Saison.
Ob die Belohnung der Aufstieg sein werde, bleibt abzuwarten. Auch ob im Winter ein Top-Transfer gelingt, steht in den Sternen. „Aber eins ist sicher: Die Verbundenheit der Menschen im und mit dem 1. FC Köln, die Werte, die unser Verein verkörpert, das soziale Engagement, mit dem Mannschaften und Vorstand den Menschen in all ihrer Vielfalt begegnen – all das erlebe ich als mindestens herausragend – und wenn es vielleicht nicht einzigartig ist, dann ist und bleibt das in jedem Fall erstklassig.“
Zwei Versprechen seien Christinnen und Christen unabhängig vom Erfolg gewiss: „Gott ist da, seine Geistkraft findet in uns ihren Raum, und umgeben sind wir von seinem Segen. Das ist eine große Belohnung, die uns durch das Leben im Hier und Jetzt trägt und leitet.“ Und: „Es wird der Tag kommen, an dem alles anders sein wird, eine neue Zeit, in der Minuten nicht mehr zählen, in der Machtkampf und Geldgier keinen Platz mehr haben, in der die große, bedingungslose Liebe Gottes sich allen Raum greift und in der wir zu Hause sein werden.“ Mit dieser Gewissheit ertrügen Menschen auch Durststrecken. Und sie könnten darauf vertrauen, dass sie da, wo es wirklich darauf ankomme, immer erstklassig sein könnten.
„Aber bis dahin wollen wir auch nicht einfach warten – also – jetzt: Come on, FC! Amen.“
Robert Kleine erinnerte in seiner Ansprache an die Jünger, die Jesus um sich geschart habe: „Warum hat Jesus diese Gruppe zusammengestellt? Ich glaube, Jesus wollte damit zeigen: Bei einem gemeinsamen Ziel ist es möglich, dass verschiedene Menschen gut zusammenarbeiten können. Ein gemeinsames Ziel schafft Verbindungen. Wir kennen das: Wenn wir etwas Großes erreichen wollen, brauchen wir zuallererst Freunde, Kolleginnen, Mitstreiter. Klar können wir es auch solo, allein versuchen: Kopf zwischen die Schultern, Ellenbogen raus. Kurzfristig kann man so auch Erfolg haben. Im Zweifelsfall genau so lange, bis einer kommt, der besser ist oder kräftiger.“
Jesus habe auf die Gemeinschaft mit ganz unterschiedlichen Charakteren gesetzt. Trotz aller Unterschiede sei ein gutes Miteinander möglich, wenn es ein gemeinsames Ziel gebe. „So betrachtet ist der christliche Glaube ein Mannschaftssport – wie der Fußball.“ Diese Sichtweise betont die Bedeutung des Miteinanders, sowohl im Glauben als auch im Sport.
Es bestehe aber gerade auch im Fußball eine Gefahr: Fußballspiele könnten Konkurrenz, Respektlosigkeit und Gewalt fördern. Solange man nur die Gemeinschaft zu den Gleichgesinnten suche und die anderen nur als Gegner sehe, die man auf dem Spielfeld besiegen wolle, seien Fußballspiele bitterer Ernst. „Wenn wir uns aber von Jesus und seiner Mannschaft inspirieren lassen, werden wir auch die friedvolle und freundschaftliche Begegnung mit den Menschen, die andere Teams anfeuern, suchen. Mit dieser Einstellung beweisen wir Gottes Liebe und Macht, die solidarische Gemeinschaft schafft, und dann verwirklichen wir, was Psalm 133,1 beschreibt: Wie schön ist es, wenn Brüder und Schwestern, und konkret mit Blick auf die kommenden Spiele in der 2. Bundesliga: wie schön ist es, wenn Fußball-Fans in Frieden zusammenleben.“
Zum Schluss äußerte der Stadtdechant noch einen Wunsch: „Wenn wir nächstes Jahr zum elften Mal einen Eröffnungsgottesdienst zur Saisoneröffnung feiern, hoffe ich, ist nicht nur der Dom erstklassig.“ Auf Letzteres ist Verlass. Beim FC wird man sehen.
Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann
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