Ein Ruf zum Frieden: Kölner Gebet der Religionen
Selten war es so notwendig wie heute – dieses Gefühl hatten wohl die meisten der Teilnehmenden am Gebet der Religionen, zu dem der Kölner Rat der Religionen (RdR) Ende September in die Zentralmoschee nach Ehrenfeld eingeladen hatte. Die Veranstaltung findet regelmäßig und abwechselnd in den Räumlichkeiten einer der Mitgliedsgemeinschaften des RdR statt.
Dr. Emine Seçmez, Vorstandsmitglied der DITIB, sagte: „Wir wollen beten für den Frieden sie auf der ganzen Welt“ und erinnerte an die „Kölner Friedensverpflichtung“ vom 29.10.2006. „Frieden lässt sich nicht einfach so verordnen“, erklärt die Verpflichtung, „er muss im alltäglichen Handeln spürbar werden.“ Friede sei kein Anliegen einer einzelnen Person oder einer einzelnen Gesellschaft. „In dieser Zeit ist es unsere Pflicht, uns gegen jede Form von Terror und Gewalt zu stellen!“ „Wir dürfen nicht zulassen, dass unsere Religionen als Mittel für Hass und Gewalt missbraucht werden!“
Oberbürgermeisterin Henriette Reker wies auf das Datum des Zusammentreffens, den Weltfriedenstag der Vereinten Nationen, hin und dankte für die Gastfreundschaft. „Frieden ist mehr als die Abwesenheit von Kampfhandlungen“, betonte sie und mahnte: „Unser Frieden ist bedroht, wie schon lange nicht mehr!“ In Bezug auf die Debatte um die Begrenzung illegaler Migration erklärte Reker: „Mir widerstrebt es zutiefst, dass Demokratinnen und Demokraten sich von Rechtspopulisten ihre Agenda vorschreiben lassen!“ Trotz allem glaube sie an eine friedliche und vielfältige Gesellschaft. In Köln gebe es circa 130 Religionsgemeinschaften und Menschen aus rund 180 Nationen. Da sei Frieden „nicht Wunsch, sondern Notwendigkeit“. Frieden beginne mit Zuhören, sagte die Oberbürgermeisterin. Das Gebet der Religionen sei ein Aufruf zum Teilen der Überzeugung vom gleichen Wert eines jeden Menschen.
Ein Vertreter des Ahmadiyya Muslim Jamaat e.V. und Gründer eines muslimischen Fahrrad-Clubs, betonte, der Friede spiele eine besondere Rolle im Islam. Die Vertreterin der Baha´i Gemeinde Köln trug einen Text aus der Baha´i-Tradition vor, in dem Gott als Schöpfer und Bewahrer aller Menschen gepriesen uns die Erde als „Heim“ der Menschen beschrieben wird. Mit der Bitte um die Einheit der Menschen wendet sich der Autor Gott: „Du bist der, der die Menge der ganzen Menschheit übersieht!“
Für den Evangelischen Kirchenverband Köln und Region trat Dorothee Schaper ans Rednerpult. Sie trug zunächst Worte aus Psalm 85 vor, der sie in schwierigen Zeiten immer wieder getröstet habe: „Doch ist ja seine Hilfe nahe denen, die ihn fürchten, dass in unserem Lande Ehre wohne, dass Güte und Treue einander begegnen, Gerechtigkeit und Friede sich küssen; dass Treue auf der Erde wachse und Gerechtigkeit vom Himmel schaue.“ Beim Ringen um neue Worte angesichts der Weltlage griff sie auf dieses jahrtausendealte Glaubens- und Hoffnungszeugnis zurück. „Der Ausblick scheint ganz weit weg zu sein“, gab Dorothee Schaper zu, „aber er ist uns zugesagt.“ Zum Abschluss sang sie das Luther-Lied „Verleih uns Frieden gnädiglich“.
Werner Heidenreich vom Buddhistischen Zentrum StadtRaum ermahnte zu einer „Geisteshaltung zum Frieden“, die auch eine „Friedfertigkeit zu sich selber“ einschließe. Er lud zu einer Kontemplation ein, bei der die einzelnen Artikel der Friedensverpflichtung verlesen und von meditativen Gongklängen begleitet wurden. Heidenreich forderte dazu auf, sich der Verpflichtung anzuschließen. Bevor einige Frauen aus der Islamischen Gemeinde der Bosniaken „Gazi Husrevbeg“ ein islamisches Gebetslied vortrugen, sprach Gregor Stiels vom Katholikenausschuss in der Stadt Köln den Anwesenden einen Segen zu, der der Frage Raum gab: „Was bringt das Beten?“
Einen Segen sprach auch Rabbiner Dr. Daniel Katz von der Jüdischen Liberalen Gemeinde Köln Gescher La Massoret. Von ihm waren allerdings auch kritische Töne zu hören. „Ich möchte zunächst erklären, warum ich kein Gebet spreche“, sagte Katz. Er empfinde interreligiöse Gebete als inszenierte Schauspiele. Auch übte er Kritik am Termin, der nicht nur mit den letzten Stunden des Schabat, sondern zudem mit wichtigen jüdischen Feiertagen Ende September kollidiere. Dennoch würdigte Katz das gemeinsame Bemühen um Frieden. Nur Frieden mache den Menschen vollständig. Friedensstifter würden mit Anteil an der kommenden Welt belohnt. Bernd Skoppe von der Neuapostolischen Kirche stellte die grundlegende Frage: „Ist Frieden möglich?“ Frieden sei eine aktive Tugend, die den Einsatz der gesamten Menschheit erfordert. Ein kleiner Chor umrahmte seinen Redebeitrag mit zwei Liedern aus der Friedensmesse in G von Lorenz Maierhofer.
Superintendentin Susanne Beuth, Vorsitzende des Arbeitskreises Christlicher Kirchen (ACK) in Köln, wies darauf hin, dass Jubiläen und Jahrestage oft eine Folge von Spaltung seien und erinnerte als Beispiel an das große Reformationsjubiläum im Jahr 2017. Sie betete mit den Anwesenden das Vater unser als Gebet, das Christinnen und Christen weltweit verbindet. Anschließend sprachen alle gemeinsam das Gebet der Vereinten Nationen, einen 1942 entstandenen Text des US-amerikanischen Dichters und Pulitzer-Preisträgers Stephen Vincent Benét: „Herr, unsere Erde ist nur ein kleines Gestirn im großen Weltall. An uns liegt es, daraus einen Planeten zu machen, dessen Geschöpfe nicht von Kriegen gepeinigt werden, nicht von Hunger und Furcht gequält, nicht zerrissen in sinnlose Trennung nach Rasse, Hautfarbe oder Weltanschauung. Gib uns Mut und Voraussicht, schon heute mit diesem Werk zu beginnen, damit unsere Kinder und Kindeskinder einst stolz den Namen Mensch tragen. Amen.“ Im Anschluss hatte die DITIB-Gemeinde in der Kantine des Moschee-Zentrums beim gemeinsamen Essen und Trinken zu Begegnungen und Gesprächen eingeladen.
Text: Priska Mielke
Foto(s): Priska Mielke
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