Das alles ist Kirche: Die „Lange Nacht der Kirchen“ lud dazu ein, Kraftorte zu entdecken

Wer sich auf Entdeckungsreise durch die 29 Standorte der „Langen Nacht der Kirchen“ begeben wollte, der brauchte in diesem Jahr nicht nur Ausdauer, sondern auch wind- und wetterfeste Kleidung – und entweder einen akribisch ausgearbeiteten Terminplan oder die Lust, sich einfach durch den Abend treiben zu lassen und durch die geöffneten Türen ins (mehr oder weniger) Warme zu treten, Musik, Texte oder einfach die Stille zu genießen. Orientierung gaben dabei die vier Kategorien calm + smooth, pop + beat, experience + adventure und listen + reflect.

Erste Station: Mauritiuskirche

Der Kirchenraum wurde nur von Kerzen in ein warmes Licht getaucht. Bei Orgelimprovisationen innerlich anzukommen und „die Seele baumeln zu lassen“, war ein entspannter Auftakt für eine (mögliche) „Lange Nacht der Kirchen“.

Zweite Station: Kunst-Station Sankt Peter

In der Kunst-Station Sankt Peter war das Ensemble Tra I Tempi zusammen mit Gastmusiker*innen zu erleben. Werke von Protagonisten der minimal music wie Steve Reich und Morton Feldman und des jüngst wiederentdeckten afro-amerikanischen Komponisten Julius Eastman sowie eine eine in diesem Konzert uraufgeführte Eigenkomposition (Tutein, larmes 2022) von Michael Veltman, Organist und künstlerischer Leiter des Bereiches Musik an der Kunst-Station Sankt Peter, entführten die Zuhörer*innen in unerhörte, bisweilen meditative Klangwelten. Musik, die sich nichts beweisen musste, die dazu einlud, einfach nur da zu sein.

Dritte Station: Bahnhofsmission

Mitten im Trubel des Kölner Hauptbahnhofs ist die Bahnhofsmission an Gleis 1 eine Oase der Ruhe. „Wir verstehen uns als Kirchenort am Bahnhof“, erklärte Ursula Lennartz, hauptamtliche Mitarbeiterin der Bahnhofsmission und ergänzte mit einem liebevoll-selbstbewussten Seitenhieb auf den benachbarten Dom: „Wir haben keine Schatzkammern, aber wir haben Begegnungen. Das sind unsere Schätze.“ Einige dieser Schätze gab es bei der „Langen Nacht der Kirche“ zu entdecken. Drei Mitarbeitende der Bahnhofsmission teilten schöne, traurige und berührende Erlebnisse aus dem „Mikrokosmos Bahnhof“. Ein Mitarbeiter berichtete z.B. von seinem ersten Arbeitstag in der Bahnhofsmission, ein anderer Mitarbeiter stellte das 2. Gebot „Du sollst dir kein Bildnis machen“ in den Kontext von Vorurteilen. Der schlecht gekleideten Obdachlosen sieht man ihre Hilfsbedürftigkeit an, aber was ist mit der eleganten Dame im Business-Anzug?

Eine weitere Mitarbeiterin erzählte von einer Schreiner-Gesellin auf der Walz, die in Hamburg Arbeit gefunden hatte, aber kein Geld für ein Zugticket. Ein häufiger Gast der Bahnhofsmission, der über einen Schwerbehindertenausweis verfügte und daher im Regionalverkehr umsonst reisen und zudem eine Begleitperson mitnehmen durfte, bot sich als „inoffizieller Mitarbeiter“ an und fuhr mit der jungen Frau in die Elbmetropole. Am nächsten Tag kehrte er von seinem Ausflug zurück und meldete freudestrahlend: „Auftrag erledigt!“

Vierte Station: Kölner Dom

Den riesigen Dom einmal in der Stille erleben, sich auf einer Bank niederlassen, vielleicht eine Kerze anzünden. Diese besondere Erfahrung konnten die Besucher und Besucherinnen der Langen Nacht der Kirche machen.

Fünfte Station: Domforum

Das Foyer des Domforums verwandelte sich während der Langen Nacht der Kirchen in einen gemütlichen Kinosaal. Auf dem Programm standen internationale Kurzfilme, unter anderem aus Island, über die die Besucher und Besucherinnen anschließend bei kalten und warmen Getränken ins Gespräch kommen konnten.

Sechste Station: Minoritenkirche/ St. Mariä Empfängnis

Leise Musik, Kolping-Flaggen und ein aus Windlichtern gestaltetes Kolping-Emblem: Die Minoritenkirche am Kolpingplatz stand ganz im Zeichen des katholischen Sozialreformers. Ein Ort der Ruhe und Besinnung, ohne Programm, aber mit viel Atmosphäre.

Siebte Station:  KOLUMBA/ Kunstmuseum des Erzbistums Köln

Nachts ins Museum? Das KOLUMBA/ Kunstmuseum des Erzbistums Köln öffnete seine Türen während der „Langen Nacht der Kirchen“ für alle Kunstinteressierten, die die Jahresausstellung „making being here enough“ (Dafür sorgen, dass hier zu sein genügt“) zu ungewohnter Uhrzeit und in einer ganz speziellen Atmosphäre erleben wollten. Der wunderbare Ausstellungstitel hätte auch als Motto über der „Langen Nacht der Kirchen“ stehen können. Werke aus 14 Jahrhunderten erzählen von Orten und Nicht-Orten, ihrer Wahrnehmung und ihren Geschichten, von „Verortung“ und dem Fortleben in der Erinnerung.

Natürlich reichten auch vier Stunden nicht aus, um alle 29 teilnehmenden Stationen der „Langen Nacht der Kirchen“ zu entdecken, aber sie genügten, um zum Staunen anzuregen über den Reichtum und die Verschiedenheit spiritueller Orte in Köln.

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Text: Priska Mielke
Foto(s): Priska Mielke

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