Bertold Seitzer ist neuer Kantor in Lindenthal: Pläne für „musikalischen Adventskalender“ und „Ritter Rost“-Orgelmusik

Bertold Seitzer wurde nun im Rahmen eines Festgottesdienstes in sein Amt als Kantor der Evangelischen Kirchengemeinde Lindenthal eingeführt. Gemeinsam gestalteten Pfarrerin Katja Korf und Pfarrer Gerd Maeggi diesen besonderen Gottesdienst in der bis auf den letzten Platz besetzten Paul-Gerhardt-Kirche. Die Musik lag in den Händen von Kreiskantor und Kirchenmusikdirektor Johannes Quack, der Paul-Gerhardt-Kantorei unter Leitung des neuen Kantors.

„Wir haben uns jemanden gewünscht, der Bewährtes fortsetzt und neue Akzente setzt“, sagte Pfarrerin Korf in ihren einleitenden Worten zur Amtseinführung. In Lindenthal ist in der Tat über Jahre unter der Leitung von Amtsvorgängerin Ursula Döll ein großer musikalischer Schatz entstanden, den es nun weiter zu pflegen und zu entwickeln gilt. Und so bot Kantor Bertold Seitzer am Klavier, an der Orgel und als Chorleiter der rund dreißigköpfigen Kantorei eine große Bandbreite an musikalischen Stilen. Er schien mit seiner Auswahl ganz den Geschmack der Gemeinde getroffen zu haben – jedenfalls gab es mehrfach langen Applaus, viele Geschenke und Blumen.

Bertold Seitzer spricht im Interview über seine Lieblingsmusik, Lieblingskomponisten und seine Pläne:

Wohin möchtest Du die Kirchenmusik in Deiner Gemeinde entwickeln – hast Du eine Vision für die kommenden Jahre?

Bertold Seitzer: Neben der Arbeit mit der Kantorei und an der Orgel möchte ich noch Chorangebote machen, die weniger auf stetiges Mitproben über längere Zeiträume angelegt ist, sondern Chorsingen zum Beispiel für eine Probe möglich macht. Außerdem Chorangebote für junge Menschen, also Kinderchorprojekte. Es wohnen viele Familien mit Kindern in Lindenthal. Wichtig ist mir das Feld der Musikvermittlung, gerade an Kinder und Jugendliche. Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene hören Orgelmusik anders, wenn sie näher am Instrument waren, selbst einmal Orgelpfeifen zum Klingen gebracht haben und einiges über das Instrument und die Musik wissen. Da sehe ich eine wichtige Aufgabe. Mir fiel auf, dass die Paul-Gerhardt-Kirche eine „Inselkirche“ ist. Sie liegt mit einem angrenzenden Park auf einer Verkehrsinsel, die von Straßenbahnen, Einsatzwagen und allen möglichen Verkehrsteilnehmer*innen umspült wird. Da habe ich die Vorstellung von kurzen musikalischen Auszeiten auf der Insel.

Auf welche besonderen Konzerte und musikalischen Highlights darf sich die Gemeinde Lindenthal in der kommenden Zeit freuen?

Bertold Seitzer: Ich freue mich darüber, dass die Paul-Gerhardt-Kantorei im Gottesdienst zu meiner Einführung singt. Als erstes Chorkonzert steht die Markuspassion von Reinhard Keiser (Bearb. Johann Sebastian Bach) am 4. April 2025 auf dem Programm. Und bald, am 14. Dezember wird es den „Musikalischen Adventskalender“ geben. Ein Offene-Bühne-Konzert, in dem Menschen aus der Gemeinde und solche, die sich der Gemeinde verbunden fühlen, kurze musikalische oder auch poetische Beiträge einbringen können. Mit dem „Ritter Rost“-Autor und -Erfinder plane ich gerade eine Ritter-Rost-Lesung mit Orgelbearbeitungen der bekannten Songs daraus.

Welche kirchenmusikalischen Stile bevorzugst Du?

Bertold Seitzer: Ich bin fasziniert von modalen Skalen, also den Kirchentonarten, die ja die mittelalterliche Musik mit neuer Musik, vor allem als Improvisationsgrundlage verbindet. Ansonsten bin stilistisch sehr offen und vielfältig interessiert. Gerade die Begegnung verschiedener Stile, also Crossover-Programme oder -Projekte finde ich sehr spannend, Spannungsbögen von alter zu neuer Musik oder von „klassischer“ Musik zu pop/jazz-inspirierter Musik. Es muss eben jeweils in sich stimmig sein.

Hast Du einen (oder mehrere) Lieblingskomponisten?

Bertold Seitzer: Da fällt mir zuerst Johann Sebastian Bach ein. Je länger ich meinen Beruf ausübe, desto faszinierender ist seine Musik für mich, komplex und gleichzeitig so schön und ausdrucksstark, dass es nicht notwendig ist, die Komplexität zu durchschauen, um sie genießen zu können. Mein erster Orgellehrer, damals Kirchenmusikdirektor am Ulmer Münster, sagte in einem Fernseh-Interview über Bachs Musik: „Das ist Musik, die einen gesund macht.“ Ich habe augenblicklich gespürt, was er damit meinte, und dieser Satz ist mir hängen geblieben. Daneben gefällt mir natürlich sehr vieles von anderen. Das ist zu vielfältig, um weitere Namen aufzuzählen. Von Hildegard von Bingen über Gregorianik, Schubert, Brahms und Strawinski bis hin zu hochkarätigen Pop- und Jazzstücken gibt es sehr viel, was mich anspricht und begeistert.

Kannst Du etwas über Deinen musikalischen Werdegang sagen?

Bertold Seitzer: Aufgewachsen in und um Ulm, dort Musikgymnasium, erster Orgelunterricht und Singen im Jugendchor beim damaligen Kirchenmusikdirektor des Ulmer Münsters. Erstes Staatsexamen im Fach Musik für das Lehramt an Gymnasien (Musikhochschule Heidelberg/Mannheim), Kirchenmusik-Diplom-B (Hochschule für Kirchenmusik in Esslingen, jetzt in Tübingen), Kirchenmusik-Diplom-A (Hochschule für Musik und Tanz Köln).

Welches waren bislang Deine beruflichen Stationen, bevor Du nach Lindenthal gekommen bist?

Bertold Seitzer: Meine vorherigen hauptamtlichen Kirchenmusik-Stationen waren: Gelsenkirchen, Köln-Deutz/Poll, Mülheim an der Ruhr, Leverkusen-Mitte. Seit September bin ich nun Kirchenmusiker in der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Lindenthal.

Welches kirchenmusikalische Profil und welche Ensembles hast Du in Lindenthal vorgefunden?

Bertold Seitzer: Ein kirchenmusikalisch klassisch geprägtes Profil auf hohem Niveau mit ambitionierter Kantorei, die zahlreiche große Werke im Repertoire hat und sehr motiviert ist. Außerdem eine klangschöne und fein disponierte Orgel von 2011 in der Paul-Gerhardt-Kirche. Unter nebenamtlicher Leitung gibt es einen Posaunenchor.

Text: Wolf-Rüdiger Spieler
Foto(s): Wolf-Rüdiger Spieler

Der Beitrag Bertold Seitzer ist neuer Kantor in Lindenthal: Pläne für „musikalischen Adventskalender“ und „Ritter Rost“-Orgelmusik erschien zuerst auf Evangelischer Kirchenverband Köln und Region.